Marica Bodrozic (c) Peter von Felbert
Montag, 21.11.2022
19:30

Marica Bodrožić »Spuren von Enden in uns #3«

Dritte Vorlesung der Chamisso-Poetikdozentur 2022

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»Verwandlungsfähigkeit«

Wer Zugehörigkeit und Durchlässigkeit in sich selbst zu lesen gelernt hat, kann sich den Kräften der Verwandlung anvertrauen. Menschen, die nur das Alte und scheinbar Sichere manifestieren wollen, entscheiden sich bewusst für den Kampf gegen etwas oder jemanden, unbewusst aber wählen sie das Unglück. Manchmal aber fällt die Wahl auch sehr bewusst für die zerstörerischen Kräfte, nachdem sich eigene Illusionen als unwahr erwiesen haben – dann entsteht Krieg im eigenen Inneren oder der Wunsch beispielsweise nach einer faschistischen Verwaltung der Welt, um dem projizierten Fremden entgegenzuwirken, um die Veränderung nicht zulassen zu müssen. Die Verwandlungsfähigkeit des Einzelnen spielt in historischen Schwellensituationen eine wichtige Rolle und verweist auf das, was Erich Fromm den »menschlichen Faktor« genannt hat.

Moderation: Christian Lehnert, Dichter und Theologe

Kooperationsveranstaltung von Sächsische Akademie der Künste, Bildung und Gesellschaft e.V. und Städtische Bibliotheken Dresden.

Eintritt frei | Um Anmeldung wird gebeten unter zentralbibliothek@bibo-dresden.de

 

Marica Bodrožić

Sie wurde 1973 in der Nähe von Split in Dalmatien geboren und kam 1983 nach Deutschland. Nach einer Buchhändlerlehre studierte sie Kulturanthropologie, Psychoanalyse und Slawistik in Frankfurt am Main. Ihr deutschsprachiges Debüt waren die Erzählungen Tito ist tot (2002). In ihrem autobiografischen Buch Sterne erben, Sterne färben (2007) schildert sie ihr Verhältnis zur deutschen Sprache, die auch die Sprache ihrer Literatur geworden ist.

Sie wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem European Prize for Literature (2013), dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (2015), dem Walter-Hasenclever-Literaturpreis (2020) und zuletzt mit dem Manès Sperber-Preis für Literatur (2021).

Bodrožić arbeitet außerdem als Übersetzerin aus dem Englischen und dem Kroatischen. Sie hat sich in Essays, Features und Kritiken u. a. mit Nazim Hikmet, Anne Sexton, Robinson Jeffers, Dubravka Ugrešić, Danilo Kiš, Joseph Brodsky, Marina Zwetajewa und mit der Zweisprachigkeit bei Elias Canetti und Vladimir Nabokov befasst. Als Gastprofessorin lehrte sie u. a. am Dartmouth College in den USA. Ihre Bücher wurden bisher in dreizehn Sprachen übersetzt. Marica Bodrožić lebt nach Stationen in Paris und Zürich heute als freie Schriftstellerin in Berlin.  Sie ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.