Dienstag, 24.10.2023
19:30

Thomas O. Höllmann »60 + 60«
Gedichte aus dem alten China

Literarische Alphabete: Erwartung und Melancholie im antiken chinesischen Gedicht

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»Um mich von wichtigeren Dingen abzulenken, habe ich in den letzten Wochen einige antike politische Gedichte aus dem Chinesischen übersetzt. Diese werde ich nun regelmäßig unter dem Betreff Tagesgedicht versenden. Damit soll nicht zuletzt die notwendig gewordene Abschottung ein wenig durchbrochen werden.«

Mit diesen Worten begann eine E-Mail, die der Sinologe Thomas O. Höllmann am 22. März 2020 unter dem Eindruck der Corona-Pandemie an einen kleinen Kreis lyrikaffiner Freunde und Bekannter verschickte. Das roughbook 051 versammelt diese digitale Ritualfolge nun zu einer Anthologie aus insgesamt 60 Texten, die von der analytischen Klarheit und sprachlichen Wucht der Poesie zeugen und von der »respektvollen Rücksichtslosigkeit« der Übersetzung. Im Anhang des Bandes, der eine Zeitspanne vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum 12. Jahrhundert abdeckt, erleichtern Kurzbiographien der Autoren und Verweise auf den historischen Kontext den Zugang zu den Gedichten. »Wenn das Lebensende naht, kommen doch nur die Schmeißfliegen, um ihr Beileid zu bekunden« (Hanshan, 7. Jahrhundert). (Verlagstext)

Der Sinologe Thomas Otfried Höllmann war bis einschließlich 2022 Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Heute stellt er in Dresden antike chinesische Gedichte vor.

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In China beschrieb die Zahl Sechzig einen abgeschlossenen Zyklus, die Lebenserwartung des Menschen war ebenso daran gebunden wie die Vorstellung von Vollständigkeit.

Mit der Übersetzung von sechzig Gedichten lässt sich nun zwar kein Thema und kein Motiv erschöpfend behandeln. Dennoch soll diese kleine Anthologie möglichst viele Stimmungslagen im Spannungsfeld zwischen »Erwartung und Melancholie« ansprechen. Dabei reicht das Spektrum von der Niedergeschlagenheit bis zur Schwermut, von der Grübelei bis zur Traurigkeit, vom Kleinmut bis zur Weltenangst, zuweilen wird auch der Kater nach einer durchzechten Nacht geschildert, und häufig wird ein Verlust beklagt: das erzwungene Verlassen der Heimat, die Einbuße von Status und Besitz oder die Trennung von nahestehenden Menschen.

Der Begriff »Erwartung« – der in den Gedichtübersetzungen dieses Bandes ebenso wenig vorkommt wie »Melancholie« – vermittelt gleichfalls eine große Vielfalt von Empfindungen, von der Zuversicht bis zur Zufriedenheit, von der Chancennutzung bis zur Daseinsfreude, vom sexuellen Verlangen bis zur Erfüllung, und überwiegend geht es dabei um das kleine Glück, nicht um das große Los. (Verlagstext)

 

6 € | 4 €

Die Lesung ist barrierefrei zugänglich.

Literaturforum Dresden e.V. in Kooperation mit den Museen der Stadt Dresden.
Gefördert von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtages beschlossenen Haushaltes. Gefördert von der Landeshauptstadt Dresden.