Es ist Weihnachten. Der letzte König von Sachsen spaziert allein durch die abendlich funkelnde Prager Straße und bleibt nachdenklich vor den schimmernden Schaufenstern stehen. Für Kinderkleider und Spielwaren interessiert er sich am meisten. Es schneit. In den Läden glitzern die Christbäume. Und die Passanten stoßen sich an und flüstern: »Der König!« Er ist einsam.
Weihnachtlich beginnt die autobiographische Erzählung Erich Kästners über seine Kindheit und das Weihnachtsfest nimmt in der Kindheit des kleinen Erich einen großen Platz ein. Walter Sittler spielt Erich Kästner in einem grandiosen inszenierten Monolog. Die Situation: ein Raum, Ende der vierziger Jahre in einer irgendeiner deutschen Stadt. Sieben Menschen, ein Schriftsteller und sechs Musiker, die hier gestrandet sind. Draußen auf dem Boulevard der Morgen, der sich bläulich getönt ankündigt. Und während der große deutsche Autor mit den Augen eines Erwachsenen und mit dem Herzen eines Kindes aus dem Füllhorn seiner Erinnerungen zu erzählen beginnt, setzen sich die Musiker nach und nach an ihre Instrumente, begleiten die Geschichten, kommentieren sie, treiben sie voran.
Es sind nachdenkliche Erinnerungen an das Leben eines kleinen Jungen, der den Launen eines verrückten Jahrhunderts mit kindlicher Gradlinigkeit und voller Lebensfreude entgegen getreten ist. Und man ist verwirrt: so vieles hat sich geändert im Verlauf der letzten hundert Jahre – und fast alles ist gleich geblieben!
Nach über 200 Vorstellungen zählt das Stück zu den erfolgreichsten Theaterprogrammen der letzten vier Jahre. Und noch immer steht es auf dem Spielplan. Walter Sittler, Martin Mühleis und Libor Sima wurden für die Produktion im Jahr 2009 mit dem renommierten Erich-Kästner-Literatur-Preis ausgezeichnet.
Die Begründung der Jury: »Dem Projekt ALS ICH EIN KLEINER JUNGE WAR gelingt eine Transformation der Kästnerschen Prosa-Erinnerungen in die szenische Präsentation auf einem neuen Weg, der auch jede noch so verdiente und intelligente Text-Lesung weit hinter sich lässt. Das ist Traditionserneuerung in medialer Vermittlung, die unbedingt das Prädikat der Leuchtturmstellung für nachkommende Ensembles verdient.«