Der Lyriker und Grafiker Andreas Reimann hat am 21. Januar den Lessingpreis 2023 des Freistaates Sachsen erhalten. Der mit 20.000 Euro dotierte Preis wird alle zwei Jahre vergeben.
Andreas Reimann
Andreas Reimann ist ein Dichter, der sich nie an die Rockschöße der Macht gehängt hat, einer, der auch heute kein goldenes Löffelchen auf der Zunge trägt, um Originelles oder Gefälliges zu flüstern. Zwei Jahre war er weggesperrt wegen »staatsfeindlicher Hetze«, auch später war das Land Liliput der Ansicht, es könne einen Dichter zum Schweigen bringen, indem man ihn nicht druckt. Trotz allem – oder gerade deshalb – hat Andreas Reimann ein unfassbar umfangreiches, vielgestaltiges, streitbares und formal immer wieder überraschendes poetisches Werk geschaffen – mit einer ganz eigenen und unverwechselbaren Stimme. Und da sind noch seine zärtlichen und aufbegehrenden Lieder, die er für Chanson-Interpreten wie Stephan Krawczyk, Detlef Hörold oder Hubertus Schmidt und die Rockgruppe Lift geschrieben hat.
Bei aller klassischen Strenge verleugnet Reimann nicht ein anderes Erbe – das der lyrischen Moderne. Er weiß Klangmagie ebenso für sich zu nutzen wie die paradoxen Möglichkeiten von Bildern. Und dort, wo ein Gedicht rhetorisch wird und Denkvorgängen folgt, scheint auch zuweilen Brechts dialektischer Sprachwitz durch.
Zum Innehalten und Staunen sind diese Gedichte, sie verführen und beschwören nicht, sondern sie heben den Mantel der Oberflächlichkeit vom Wesen der Dinge. Das ist viel in Zeiten von Beliebigkeit und Eitelkeiten.
»Andreas Reimann bleibt eben ein Dichter, der den Fallstricken jedweder Ideologie entgehen konnte und kann, weil Wahrnehmungswachheit, Kunstbewusstsein und Wahrheitssinn sich stets noch uneinnehmbar für jedwede Interventionsinteressen erweisen. Ein seltener Fall von hochgemuter Lauterkeit« (Dr. Peter Geist in einer Laudatio auf Andreas Reimann zu seinem 70. Geburtstag).
1946 in Leipzig geboren, machte sich Andreas Reimann ab Mitte der 60er Jahre einen Namen als Lyriker. Er studierte, bis zu seiner Exmatrikulation aus politischen Gründen, am Literaturinstitut in Leipzig. Wegen seiner kritischen Haltung wurde er zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt und in den folgenden Jahren mit einer Veröffentlichungssperre belegt. Danach angestellt als Transportarbeiter, Brauereihilfsarbeiter, Lohnbuchhalter, in seiner freien Zeit schrieb er fürs Theater und war Texter für Chansoninterpreten und Rockgruppen. Nach 1990 erschienen von ihm wieder mehrere Gedichtbände sowie Sammlungen mit Prosa und Essays.