Autorenfoto Franzobel, Bild von Julia Haimburger
25.06.2021
Philharmonie Dresden / Literaturnetz Dresden

Du bist eine Zwiebel – nichts als Schalen

»Peer Gynt« mit Textintermezzi von Franzobel

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Henrik Ibsen hatte »Peer Gynt« zunächst als Gedicht geschrieben. Erst später machte er daraus ein Theaterstück – mit Musik von Edvard Grieg. Die romantische Peer-Gynt-Suite entwickelte sich weltweit zu einem Hit, beliebt auch als Soundtrack in Film und Fernsehen.

Die Hauptfigur ist der junge Bauernsohn Peer Gynt – einer der prominentesten (Traum‐)Reisenden der europäischen Literatur, der auch als »nordischer Faust« bezeichnet wird. Mit Lügengeschichten versucht er, der Realität zu entfliehen. Er ist ein Schwindler und Aufschneider, der sich davonstiehlt, sobald es Konflikte gibt oder etwas Schlimmes passiert. Die Flucht, die Peer von seinem norwegischen Dorf aus nach dem Tod seiner Mutter antritt, um
endlich ein großer Mann zu werden, führt ihn zu Trollen, durch die Wüste und aufs Meer. Erst Jahrzehnte später kehrt er wieder in die Heimat zurück – gescheitert, mit geplatzten Träume und zerbrochenen Luftschlösser. Der berühmte »Zwiebelmonolog« enthält seine Lebensbilanz: ungeheuer viele Schichten, aber den Kern kann er nicht finden – den bis zum innersten Inneren sind es nichts als Schalen.

Am 9./10. Juli ist »Peer Gynt« am Elbufer in einer Fassung zu erleben, die Auszüge aus der Bühnenmusik von Edvard Grieg mit Texten von Franzobel verbindet. Der österreichische Schriftsteller hatte 2004 seine »Textintermezzi zur Grieg‐Sinfonie nach Ibsen«“ sehr frei und pointiert in gebündelter Form geschaffen. Sie wurden in ungekürzter Form zuerst beim Grafenegg Festival und später in weiteren Aufführungen mit großem Erfolg präsentiert. In poetisch starker, bisweilen drastischer Sprache stellt Franzobel den schillernden Charakter des Peer Gynt dar, in dem herablassende Verachtung und schwüle Sinnlichkeit immer wieder in ängstliche Unsicherheit und bohrende Selbstzweifel übergehen.

Zur Veranstaltung: www.dresdnerphilharmonie.de