Katrin Schumacher – Unter Büchern unterwegs, Bild: MDR Kultur
Katrin Schumacher – Unter Büchern unterwegs in Rudolstadt, Bild: MDR Kultur
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08.06.2023
Literaturnetz Dresden

»Im Osten ist der Osten ein Dauerbrenner«

Katrin Schumacher besucht Lesefreudige im Bücherwagen

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Katrin Schumacher ist Literaturredakteurin für MDR Kultur. Im Podcast »Unter Büchern« lässt sie Literaten aus Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zu Wort kommen – und ist jetzt auch unterwegs: Im Bauwagen, der am Wochenende das Literaturfest Meißen bereichert. 

Die Idee des Bücher-Bauwagens ist während der Pandemie entstanden. Wo waren Sie seitdem damit unterwegs?

An ziemlich vielen Orten, kreuz und quer in den drei Ländern – von Seggerde bis Miltitz, von Dresden bis Erfurt, Rudolstadt, Halle, Leipzig … mit dem Literatur-Podcast Unter Büchern bin ich ja sowieso schon viel unterwegs gewesen und bin es noch – jetzt ist eben der lustige Bücherbauwagen dazugekommen.

Weshalb ein Bauwagen für Bücher? Ist es heute nötig, dass die Literatur zu den Menschen kommt?

Ehrlich gesagt war das eine spontane Idee mit einem nachhaltigen Kern: unsere Jugendwelle Sputnik hatte eben diesen Wagen jahrelang in Betrieb, als Tickethäuschen zum Beispiel oder einfach auch als Transportfahrzeug. Und dieser Wagen stand jahrelang und meist nicht genutzt unter meinem Fenster im Funkhaus. Und da kam mir die Idee, diesen Bauwagen doch einfach umzumalern und damit loszuziehen. Also einfach das zu nutzen, was da war, nichts neu anzuschaffen, und mal zu gucken, ob es funktioniert. Und die Resonanz ist richtig gut; Menschen freuen sich anscheinend immer noch über dieses alte Medium Buch. Selbst beim Sputnik Spring Break vor zwei Wochen gab es total nette Reaktionen und Gespräche. Das hatte ich auf einem Elektropopfestival erstmal nicht erwartet.

Seit Mai suchen Sie wieder gezielt im Osten nach Menschen mit Bücherleidenschaft. Wie schwer sind die mittlerweile zu finden?

Die muss ich gar nicht suchen, die kommen zu mir! Ich habe richtig viele Anfragen, ob der Bücherwagen nicht mal hier oder dort vorbeikommen könnte …

Gibt es literarische Themen oder Autor*innen, die in Sachsen gerade auffällig beliebt sind? Was sind die Dauerbrenner im Osten?

Na ja, im Osten ist das Thema »Osten« schon ein ziemlicher Dauerbrenner – wie könnte es anders sein. Aber da gibt es eben diese und jene Bücher. Ich persönlich bin da eher auf der Seite der facettenreichen und oft autofiktionalen Belletristik und nicht so begeistert von unterkomplexen Sachbüchern.

Sie besuchen Festivals, Verlage, Buchhandlungen und Literaturhäuser und halten auch in der Natur – wie kann der Bücherwagen dort bereichern?

Das ist tatsächlich eine Idee, die wir erst ausprobieren müssen: Pop-up Lesungen zum Beispiel an einem schönen See oder im Elbsandsteingebirge … Das keimt grade noch, aber ich glaube, es kann total schön sein – Literatur und Natur, das passt doch!

Unterwegs haben Sie jede Menge Lesestoff dabei. Wie wählen Sie Ihre Rezensionsexemplare aus?

Die Bücher, die ich dabei habe, sind Leseexemplare oder Bücher, die ich doppelt habe. Ich bekomme wahnsinnig viele Bücher zugeschickt und klar, schaue auch durch die Saisonvorschauen der Verlage, um zu sehen, was mich interessiert. Aber dazu muss ich sagen: Bei sechs oder acht Büchern, die wir bei MDR Kultur in der Woche vorstellen, bespreche ich selbst nur einen Bruchteil. Ich habe ein tolles Team sehr versierter und leidenschaftlicher Rezensent*innen, die ich um die eine oder andere Besprechung bitte und die auch selbst vorschlagen.

Im Podcast Unter Büchern sprechen Sie zweimal wöchentlich über aktuelle Literatur, aber auch Urlaubslektüre, Historische Sachbücher oder gerade über Romane, die »am Wasser gebaut« sind. Muss die Literatur neue Medien suchen? Was sind in Ihren Augen Stärken eines Bücherpodcasts?

So einen Podcast kann man im Gegensatz zur Radiosendung ja hören, wann und wo man möchte – beim Autofahren, Joggen, Aufräumen … wenn man grad mal Empfehlungen braucht oder das Thema interessiert. Oder wenn man sich einfach auch mal unterhalten lassen möchte – ich versuche ja auch, immer gute Musik zwischen die ganzen Infos und Themen zu basteln.

Mit dem Bauwagen in der Natur, das klingt auch ein bisschen romantisch! Schreiben Sie selbst gerade an etwas?

Ich schreibe eigentlich ständig und liebe es. Aber gerade muss oder darf ich unheimlich viel lesen, ich bin in der Jury für den Österreichischen Buchpreis, und das ist ein ziemlich herausforderndes Lesepensum. Lesen oder schreiben, da muss ich mich immer entscheiden!

Gibt es Begegnungen, auf die Sie sich in Meißen besonders freuen?

Das Schöne ist, dass ich überhaupt nicht weiß, was mich erwartet; wie immer, wenn ich irgendwo hinfahre, und dann wird es auf die eine oder andere Art immer großartig. Es macht unheimlich Spaß, mit meiner Kollegin Josi am Wagen zu stehen und einfach mal abzuwarten, was passiert. Auf dem Spring Break zum Beispiel kam eine ganze Horde schon ziemlich angetrunkener Bauingenieurstudenten aus Zwickau, da hat einer dann einfach mal die Schreibmaschine repariert, die wir dabei haben – so nett! Mal gucken, was die Meißener so für Fertigkeiten haben.

Das Gespräch führte Josefine Gottwald

 

Hier geht es zum Programm des Literaturfest Meißen

Die Stationen des Bücherwagens finden Sie hier