Vorjahressiegerin Sabine Hilscher, Bild von Uve Haußig
12.09.2023
Literaturnetz Dresden

Kurze Geschichten gesucht

Der Schreibwettbewerb »Dresdner Miniaturen« geht in die neue Runde

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Ob im Hole of Fame, dem Lofthouse oder dem riesa efau: Die Ausschreibung hat mittlerweile Tradition in der dresdner Subkultur! Gesucht werden zum sechsten Mal prosaische Gedanken und knappe Erzählungen auf 4.500 Zeichen für einen Abdruck im DRESDNER Kulturmagazin.

Noch bis zum 20. September können alle, die eigene literarische Texte in der Schublade und auf der Festplatte haben, sich bei der neuen Runde der »Dresdner Miniaturen« bewerben. Ab November wird dann wieder ein Jahr lang in jeder Ausgabe des Kulturmagazins eine der Einsendungen veröffentlicht.

Der letzte »Miniaturen«-Durchgang fand im Mai mit dem abschließenden Lesewettbewerb in der Groovestation seinen Höhepunkt. Den mit 600 Euro dotierten Preis (sowie eine Flasche Prosecco, um den Erfolg zu begießen) gewann Sabine Hilscher. Sie arbeitet als Bühnen- und Kostümbildnerin unter anderem am Staatsschauspiel Dresden und schreibt Kurzgeschichten und Prosatexte. Zur Inspiration veröffentlichen wir an dieser Stelle einen der prämierten Beiträge.

Zur Ausschreibung

Sabine Hilscher »In einer Suppe verschwinden«

Ich würde gerne ganz schnell in einer Suppe verschwinden. Oder vielleicht langsam und genüsslich in der warmen Oberfläche versinken, bis sich über mir mit einem leichten Klatschen die sämige Trägheit eines zerkochten Kürbisses schließt. Mein Reißverschluss schließt nicht ganz und immer kommt irgendwo kalte Luft rein. Wenn ich vorne den Kragen zukneife, verspannen sich die Muskeln zwischen den Schulterblättern. Und wenn ich versuch das kalte Stechen im Nacken zu ignorieren, fröstelt es mich den ganzen Reißverschluss die Vorderseite hinunter. Wenn die warme weiße Creme Fraîche auf der Suppe sich genau in den Zwischenraum am Nacken legt, kurz bevor ich versinke, fühlt sich der wohlige Schauder ähnlich wie das Frösteln an. Sobald die Zehen aber den Tellerboden erreicht haben, wird alles ganz warm. Orange schimmert es dann durch die geschlossene Oberfläche. Die kleinen Korianderblätter zeichnen sich nur als schwarzer Umriss ab, obwohl ihr Grün in dieser Kälte eigentlich ein wohltuender Augenschmaus wäre.

 

Sabine Hilscher studierte bildende Kunst/Kostümbild an der Udk Berlin. Mit einem bildhauerischen Zugang zur Kostümgestaltung experimentiert sie mit ungewöhnlichen Materialien und Formen und einem installativen Zugang zu Bühnenräumen. Schwerpunkte Ihrer Arbeit sind vor allem (Ur-)Aufführungen Neue Musik mit dem sowie die Arbeit an der Grenze von Bildender Kunst/Installation und Theater. Sie arbeitet international für Oper, Schauspiel, Tanz und Musiktheater, Kindermusiktheater. Lehr- und Werkaufträge für Kostüm/Bühne/Performance an Universitäten. Sie sucht beharrlich nach Vernetzungen in der Künsten, zwischen Grafik, Zeichnung und Projektionen, zwischen Musik und Bewegung, Bildender Kunst und Text.