Bettina Baltschev, Co-Geschäftsführerin des Sächsischen Literaturrates, ist nicht nur Sachbuch-Autorin, sondern auch Journalistin und Hörfunk-Redakteurin. Mit uns sprach sie darüber, warum ein Audioformat für Sachsens Literatur eine gute Idee ist.
Seite 37, Tsundoku oder Die Feuilletöne … Literarische Podcastformate gibt es bereits viele. Warum ist das ein zukunftsträchtiges Format für den Sächsischen Literaturrat?
Als ich mit Anja Kösler gemeinsam die Geschäftsführung des Sächsischen Literaturrates antrat, hatte sich der Vorstand gerade entschieden, das bis dahin in Druckform erschienene Magazin Angezettelt einzustellen und zukünftig stärker online aktiv zu sein. Auch die erste Corona-Welle und der bis dahin unbekannte Lockdown drängten uns, digitale Formen zu finden. Denn viele Veranstaltungen, darunter die Verleihung des Sächsischen Literaturpreises an Daniela Krien, konnten nicht in gewohnter Form stattfinden. Mit einem Audioformat konnten wir da viel auffangen und da ich bereits Rundfunk-Erfahrung mitbrachte, konnte ich die Idee schnell umsetzen; seit diesem Jahr produziere ich zwei Podcastfolgen im Monat. Zwar sind Podcasts generell sehr in Mode, und die Konkurrenz kann von Nachteil sein, aber im Bereich der Literatur haben wir unsere Nische gefunden, indem wir den Fokus auf Sachsen setzen.
Die Gespräche führst du alle selbst; wie wichtig ist der persönliche Austausch mit den Literaturschaffenden?
Ich finde es sehr bereichernd, mit den Leuten zu sprechen, die sich für Literatur engagieren, sei es zum Beispiel mit dem mitteldeutschen Landesverband des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels – der ja schließlich vor fast 200 Jahren in Leipzig gegründet wurde – oder mit einer Übersetzerin, mit Verlegern oder mit Autor*innen. Wir wollen die ganze Szene hörbar machen und erfahren so natürlich auch selbst neue Dinge. Und formal halte ich es unkompliziert: Ich gehe einfach mit dem Mikrofon los und kann mich flexibel auf die Menschen einstellen.
Man muss also ein bisschen Allrounder sein?
Die Doppelspitze im Literaturrat bringt auf geniale Art verschiedene Talente zusammen. Anja Kösler ist sehr versiert in der Organisation und mit den Finanzen. Ich bin bei uns – nicht nur aber auch – die Frau für die Öffentlichkeitsarbeit.
Wie überraschend sind die Interviews? Hast du Lieblingsfolgen?
Man lernt jedes Mal etwas Neues; in eigentlich jedem Gespräch ist etwas dabei, das mich erstaunt. Zum Beispiel habe ich Elmar Schenkel vom Leipziger Arbeitskreis für vergleichende Mythologie gefragt, warum er sich für interkulturelle Themen interessiert, da erzählte er mir, dass sein Vater als einziger im westfälischen Dorf japanisches Bogenschießen betrieb und sein Cousin ihm aus Indien Pakete geschickt hat – daher war er bereits als Kind gedanklich in Asien. Auch dass die aktuelle Dresdner Stadtschreiberin Katharina Bendixen sich für ihren Jugendroman Taras Augen vom Reaktor-Unfall in Fukushima hat inspirieren lassen, fand ich sehr spannend.
Die Krise in der Ukraine ist in die Podcast-Folge mit Svetlana Lavochkina eingeflossen – wie wichtig sind aktuelle Themen für Notabene. Literatur in Sachsen?
Wenn es sich anbietet, versuche ich natürlich einen aktuellen Bezug herzustellen. So bekam der Leipziger Verlag Poetenladen zum Beispiel im Frühjahr den Förderpreis der Kurt-Wolff-Stiftung und Die Fähre. Sächsischer Verein zur Förderung literarischer Übersetzung feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. Da freuen wir uns gern mit und nehmen das zum Anlass für eine Podcast-Folge. Man kann Notabene. Literatur in Sachsen aber zugleich als Langzeitprojekt betrachten: Wir sammeln unterschiedlichste Stimmen der sächsischen Literaturszene, und nach und nach entsteht da ein regelrechtes Stimmenarchiv, eine Art auditive Landkarte des Freistaates.
Alle zwei Wochen erscheint eine neue Folge, bedeutet das viel Stress für euch? Wie viele Ressourcen frisst so ein Podcast?
Wenn man gehört werden und sich einen Hörerstamm aufbauen will, hat es keinen Sinn, das unregelmäßig zu betreiben. Drei oder vier Folgen im Jahr würden in der überbordenden Podcastwelt völlig untergehen. Deshalb haben wir uns Anfang des Jahres das Ziel gesetzt, diesen Zwei-Wochen-Rhythmus zu halten – und schaffen es bis jetzt auch! Pro Folge habe ich ungefähr ein bis zwei Tage zu tun, natürlich ist das Arbeit, aber das ist ja mein Job, und ich mache das wirklich gern.
Das Gespräch führte Josefine Gottwald.