14.01.2020
Juliane Moschell

Literatur in Dresden – eine Rundschau

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Zu Dresdens Kultur zählt eine quicklebendige, vielfältige und dezentral erscheinende Literaturszene mit rund 60 Akteuren. Einrichtungen, wie die Städtischen Bibliotheken oder der institutionell geförderte Verein Erich Kästner Haus für Literatur, vermitteln ganzjährig in verschiedenen Formaten Literatur, fördern das Lesen und Schreiben und tragen zur literarischen Bildung bei. Auch andere Institutionen, wie das Deutsche Hygiene-Museum Dresden, die Sächsische Landes-, Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB), das Stadtmuseum, das Kino Schauburg oder das Staatsschauspiel Dresden, bieten Literaturveranstaltungen an. Die Dresdner Philharmonie etabliert darüber hinaus eine Reihe »Musik und Literatur« im Saal des Kulturpalastes.
Seit 2008 findet im Herbst jährlich das Festival »Literatur Jetzt!« statt und präsentiert Gegenwartsliteratur. Lesungen und spezielle Literaturformate, wie PoetrySlam oder »Nacht der Poesie«, sind zudem wichtige Programmpunkte von nicht vorrangig literarischen Festivals, so etwa beim Palaissommer, den Tschechisch-Deutschen Kulturtagen oder der Jüdischen Musik- und Theaterwoche. Darüber hinaus verfügt Dresden über viele kleinere und größere Buchhandlungen – zwei von ihnen mehrfach mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet –, die ebenfalls regelmäßig als Veranstalter auftreten. Für Nachwuchsautoren und die Off-Szene hat sich in den vergangenen Jahren u.a. das Hole of Fame als Treffpunkt etabliert.

Neben den Einrichtungen und Festivals, die Lesungen anbieten, finden sich etliche engagierte Vereine. Dazu zählen u. a. Literaturforum e. V., Literarisches Dresden e. V., die Unabhängige Schriftstellerassoziation Dresden e. V. (ASSO) oder der Verein Dresdner Literaturner e.V. Vier Literaturzeitschriften werden in der Landeshauptstadt Dresden herausgegeben: Signum, Der Maulkorb, Trieb und Ostragehege. Hinzu kommt das neu entstandene »Bookzin« Stadtluft, das überwiegend literarische Texte enthält. Mit der edition AZUR, Voland & Quist, Salomo Publishing oder dem Sandstein Verlag ist eine Reihe profilierter unabhängiger Verlage in Dresden ansässig. Auf der Messe »Dresden (er)lesen« stellen Dresdner und sächsische Verlage einmal im Jahr sich und ihre Bücher vor. Interessenten können an den Infoständen, bei Lesungen und Buchpräsentationen einen Überblick über die regionale Literatur gewinnen.

Die Stadt Dresden fördert Autorinnen und Autoren im Rahmen des Stipendiums »Dresdner Stadtschreiber*in«, das in Kooperation mit der Stiftung Kunst und Kultur der Ostsächsischen Sparkasse jährlich neu vergeben wird. Alle zwei Jahre wird von der Landeshauptstadt der Dresdner Lyrikpreis verliehen.
Zudem gibt es seit 2013 in rein privater Initiative das dreimonatige Lyrikstipendium »poet in residence«, das vom Verein Literarisches Dresden e.V. getragen wird.

Zuletzt ist die Vielzahl an Schreibwerkstätten hervorzuheben, die den Einstieg ins literarische Schreiben ermöglichen und begleiten. Zu nennen sind hier u.a. SLUB TextLab, die Schreibwerkstatt von Michael G. Fritz, die Schreibwerkstatt Gorbitz, Starke Federn!, Tell your truth! und die Schreibwerkstatt Ausländerrat e.V.

Was können die Perspektiven sein, um diese vielfältige Szene für ein interessiertes Publikum sichtbar zu machen?

Erst einmal: Bestehende Strukturen stärken! Seit dem Einzug der Städtischen Zentralbibliothek in den Kulturpalast im Jahr 2017 ist dieser Literaturort fest im Herzen der Stadt verankert. Die neue Zentralbibliothek verfolgt ein modernes Nutzungskonzept, das vor allem auf Bildungsunterstützung setzt. Neben dem traditionellen Wissenserwerb und der Leseförderung lädt sie zur selbstbestimmten Nutzung moderner Informationstechnologien ein und offeriert ein breit gefächertes Projekt- und Veranstaltungsangebot.

Andere Literaturveranstalter, wie das Erich Kästner Haus für Literatur, haben sich die Literaturvermittlung zur Aufgabe gemacht. Hier wird ganzjährig ein Literaturprogramm in verschiedenen Formaten angeboten, das zeitgenössische und vor allem lokale Literatur vorstellt. Perspektivisch ist es der Stadt Dresden wichtig, das Haus und den Verein finanziell und ideell zu stärken, um einer zukunftsorientieren Arbeit gerecht werden zu können.

Das Festival »Literatur Jetzt!« ist seit 2019 durch die institutionelle Förderung verstetigt und in seiner Infrastruktur gestärkt. Erstrebenswert ist ein Ausbau des Programms über die Festivaltage hinaus, beispielsweise durch über das Jahr verteilte Satelliten-Veranstaltungen an verschiedenen Orten, die die Marke des Festivals transportieren. So wäre auch der Literaturkalender der Stadt um ein qualitätsvolles Programm bereichert.

Wichtige Akteure der Literaturvermittlung sind auch die vielen inhabergeführten Buchhandlungen in Dresden. Hier gilt es, die Buchhändler in ihrem Engagement zu unterstützen und deren Vernetzung mit anderen Akteuren zu fördern. Auch die literarischen Vereine verdienen Unterstützung in Form einer angemessenen Förderung, wie der Literaturforum e. V., der mit Lesungen internationaler Autoren an wechselnden Orten für Weltliteratur im besten Sinne steht.

Im Netzwerk arbeiten – Öffentlichkeit schaffen

Kooperationen haben sich in den vergangenen Jahren auch im Bereich der Literatur als geeignete Chance bewährt, um Projekte zu realisieren, die aufgrund der begrenzten Ressourcen einzelner Akteure nicht möglich gewesen wären. So veranstalten die Städtischen Bibliotheken Teile ihres Programms in Kooperation mit Partnern, wie dem Theater Junge Generation, der Dresdner Philharmonie oder auch Literaturveranstaltern, wie dem Erich Kästner Haus für Literatur.

Den digitalen Wandel mitvollziehen: Vom Literaturhaus zum Literaturnetz

In Dresden wird seit vielen Jahren über ein Literaturhaus diskutiert. Dass in der sächsischen Landeshauptstadt bislang kein solcher Literatur-Leuchtturm etabliert werden konnte, hat verschiedene Gründe: kontroverse Interessen, das Fehlen eines klaren Konzeptes, die uneindeutige Bekenntnis der Kulturpolitik zur Literatur und nicht zuletzt fehlende finanzielle Ressourcen. So bildete sich eine dezentral organisierte Literaturlandschaft aus, die heute vielfältig und breit verstreut ist (siehe Karte der Literaturorte). Nachteile einer solchen Struktur sind die Vereinzelung der Akteure und die fehlende zentrale Anlaufstelle. Es gibt keinen Standort, der sich in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit neben den Städtischen Bibliotheken als Literaturort verfestigen konnte. Ziel ist es daher, die aktiven Literaturakteure zu stärken und durch bessere Vernetzung Ressourcen zu bündeln.

… und den digitalen Wandel mitvollziehen

Neue Kommunikationsmöglichkeiten, neue Techniken und eine global vernetzte Welt verändern auch die Literaturbranche. Das hat gravierende Auswirkungen auf den Buchmarkt: Statistiken zeigen kontinuierlich rückläufige Verkaufszahlen bzw. viel Bewegung. Bildungseinrichtungen beklagen eine mangelhafte Lesekompetenz bei Kindern und Jugendlichen.

Anspruch von Kulturverwaltung und -politik sollte es daher sein, Tendenzen aufzuspüren und zu bearbeiten – mit dem Ziel, Literaturakteure und Veranstalter bei der Bewältigung des digitalen Wandels unterstützend und beratend zu begleiten.

Auch im Bereich der Außenkommunikation sind Anpassungen an neue Rezeptionsformen und eine sich wandelnde Nachfrage nötig. Immer mehr Menschen informieren sich im Internet über Veranstaltungen, Bildungs- oder Freizeitangebote, »liken« und teilen sie oder laden gleich per Mausklick ihre Freunde dazu ein.

Daher ist es das Ziel, mit dieser zentralen digitalen Plattform, auf der alle relevanten Informationen zu Literatur in Dresden zu finden sind, einen Informations- und Austauschkanal zu schaffen, der Dresdens quicklebendige Szene gebündelt vorstellt. Wichtige Bausteine sind ein Literaturkalender und eine Übersichtskarte mit allen Literaturorten und -akteuren in Dresden. Darüber hinaus kann die die Literaturplattform eine Möglichkeit zur besseren Vernetzung sein: »Literaturnetz Dresden« eben!

Ein Artikel von Juliane Moschell, Amt für Kultur und Denkmalschutz