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11.03.2020
Tomas Gärtner

Neue Bücher mit starkem Etikett

Uwe Tellkamp, Monika Maron und Jörg Bernig veröffentlichen neue Bücher in der Edition Buch Haus Loschwitz. Warum aber heißt die Reihe »Exil«?

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In ihrem Buch-Haus Loschwitz verkaufen Susanne Dagen und ihr Mann Michael Bormann nicht nur Literatur, sie geben auch selbst Bücher heraus. Die neuen haben Uwe Tellkamp, Monika Maron und Jörg Bernig verfasst. Erscheinen sollen sie im März, von den Inhabern zum »Jubel-Monat« erklärt. Sie wollen das 25-jährige Bestehen ihres Ladens feiern.

Uwe Tellkamps Band trägt den Titel Das Atelier. Buchpremiere dafür soll am 7. März, 20 Uhr, im Kultur-Haus Loschwitz sein. Sie ist wie die der anderen Autoren am 13. und 20. März bereits ausverkauft. Angekündigt ist dieser Essay als Einblick in »Bilder und Welt der sächsischen Kunstszene, insbesondere in Dresden« – nicht als Report, sondern »als Dichtung und Wahrheit«.

Monika Maron versammelt in Krumme Gestalten, vom Wind gebissen Essays aus drei Jahrzehnten. In denen geht es laut Ankündigung unter anderem um das in Worten Sagbare oder das Verhältnis von Mensch und Hund.

An der Allerweltsecke heißt der Band mit Essays von Jörg Bernig. Dabei soll es sich um Streifzüge auf den Balkan und ins östliche Mitteleuropa handeln.

Was einen stutzen lässt, ist der Titel der Reihe: Exil. Ein unmissverständlicher Begriff: Er bezeichnet die Tatsache, dass verfolgte Autoren, deren Bücher verboten wurden, das Land verlassen mussten, bisweilen aus Gefahr um Leib und Leben.

Wie nun dürfen wir ihn im Zusammenhang mit diesen Autoren verstehen? Sind ihre Publikationen verfemt? Tellkamps Turm-Fortsetzung Lava soll im Frühjahr 2021 bei Suhrkamp erscheinen. Von Monika Maron blieb ihr Erstling Flugasche (1981) nur in der DDR unveröffentlicht. Seither ist sie Autorin des S.-Fischer-Verlages.

Ein wenig anders liegen die Dinge bei Jörg Bernig. Seine Bücher erschienen bislang im Mitteldeutschen Verlag (MDV). Mittlerweile habe der sie aus dem Programm genommen, sagt Bernig. »Wir haben Bernigs Bücher, wie bei allen Titeln üblich, mit der Zeit ausverkauft, also nicht aus unserem Programm gestrichen«, erklärt Verlagssprecherin Jana Krimmling auf Anfrage. Auf der Internetseite des deutschen Buchhandels (www.buchhandel.de) werden die einstigen MDV-Titel Bernigs von der Edition Buch Haus Loschwitz vertrieben. Sein Gedichtband in untergegangenen reichen ist nach wie vor bei der Edition Rugerup erhältlich.

Kritik hatte Bernig 2016 für einige verschwörungstheoretische Passagen seiner Kamenzer Rede geerntet. Die Broschüre, herausgegeben von der Stadt Kamenz, war rasch vergriffen. Auf ihrer Internetseite steht sie noch. Wer sie auf Papier lesen möchte, bekommt die Neuausgabe im Verlag Christoph Hille.

Am Publizieren hindert sie also niemand. Davon, dass sie um ihre Existenz bangen und auf gepackten Koffern sitzen müssten, ist nichts bekannt. Warum dann dieses Wort, mit dem gedankenlos-verschwenderischer Umgang sich schon aus Gründen historischer Genauigkeit verbietet?

Als »Kunst der Zuflucht« verstehe sich die Reihe, erklären Susanne Dagen und Michael Bormann. Ebenso wie »als Zuflucht der Kunst, die sich einem Klima zunehmender politischer Anfeindung ausgesetzt sieht«. Ist es »Anfeindung«, wenn haltlosen öffentlichen Behauptungen von Autoren öffentlich widersprochen wird?

Die Ankündigungstexte für die Bücher suggerieren: Diese drei Schriftsteller gehören zu den wenigen, die sich nicht verbiegen lassen, sich »dem grassierenden Geschwätz« entziehen. »Exil« indes legt nahe, dass sie dafür verfolgt werden. Die kalkulierten Assoziationsspiele der Charta 2017 scheinen eine kleine Neuauflage zu erleben.

erschienen am 20. Februar 2020 in Dresdner Neueste Nachrichten (DNN)/Kultur.