Schlachthof 5, Performer*innen bei der Probe, Foto: Stephan Floss
Maxim Didenko, Regisseur von Schlachthof 5; Foto: Stephan Floss
AuditivVokal Dresden, Foto: Christian Hostettler
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08.09.2020
Johannes Kirsten

Trauma mit Sprüngen

Wie aus »Schlachthof 5« ein Musiktheater wurde

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Kurt Vonneguts Roman Schlachthof 5, in dem er die schweren Bombenangriffe vom 13. und 14. Februar 1945 literarisch verarbeitet, ist Collage, Satire, Biografie, Science Fiction und alles zugleich: fragmentarisch-ausschnitthaft wandert die Romanerzählung durch unterschiedliche Zeitebenen und lässt persönliche Erfahrung und Erlebtes mit Fiktion zusammenlaufen.

Das Fragmentarische und Heterogene des Romans macht auf der einen Seite seine Faszination aus und erschwert auf der anderen Seite die Adaption für die Bühne. In einem ersten Schritt entstand ein Szenario, eine Art Fahrplan oder Schneise durch den Roman. Übrig blieben 16 Szenen geordnet nach Situationen bzw. Orten und Zeiten. In einem zweiten Schritt wurden dann diese Szenen mit Texten aus dem Roman gefüllt. Es musste erst einmal als Gesamterzählung in dieser durch den Roman geschlagenen Schneise funktionieren, ehe in einem dritten Schritt mit der Verdichtung des Textes begonnen werden konnte. Die erste Fassung des Librettos war noch viel zu lang. Was für eine Schauspieladaption eine normale Länge sein kann, ist fürs Musiktheater noch immer zu lang. Die Musik hat eigene Gesetze und stellt ganz bestimmte Anforderungen an den Text. In mehreren Durchgängen wurde die erste Fassung mehr und mehr gekürzt und verdichtet.

Dabei gilt es trotz aller Verdichtung immer abzuwägen, wie sehr man sich bei einer Adaption für die Bühne nur vom Plot eines Romans leiten lässt oder ob Seitenstränge, atmosphärische Momente, philosophische Exkurse, die nicht direkt mit der Handlung des Romans zu tun haben, letztlich aber seine Klasse maßgeblich ausmachen, in der Adaption berücksichtig werden. Ich habe versucht, sowohl dem Plot des Romans zu folgen als auch Momente, die nicht maßgeblich für den Plot sind, aber das über allem stehende Thema »Erinnern« und wie sich traumatische Erlebnisse erinnern und erzählen lassen, transportiert. Dabei sind die Zeitsprünge, die ein wichtiges Element des Romans sind, eine große Herausforderung sowohl in der Konstruktion des Librettos als auch später für das Geschehen auf der Bühne. Alle Szenen sind in der Adaption mit Jahreszahlen und Ortsangaben versehen. In der Inszenierung wird auch Video eine Rolle spielen. Neben Bildern, die die Vorgänge auf der Bühne kommentieren oder assoziativ begleiten, wird auch eingeblendete Schrift ein Element sein, mit dem gespielt wird. Es wird am Ende also im besten Fall ein Geflecht von gesungenem Text, Worten, Sätzen und Jahresszahlen entstehen, die über Video eingeblendet werden und den Bildern und Vorgängen, die mit den Tänzer*innen und Sänger*innen gebildet werden.

Aufführungen

Schlachthof 5 (UA) nach dem Roman von Kurt Vonnegut
mit Maxim Didenko, Vladimir Rannev, Johannes Kirsten, AJ Weissbard, AuditivVokal Dresden (RU/DE)
HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste, Großer Saal

  • Do 24.09.2020 20:00 Uhr
  • Fr 25.09.2020 20:00 Uhr
  • Sa 26.09.2020 20:00 Uhr
  • So 27.09.2020 20:00 Uhr