Sechs Bücher aus dem Regal von Roman Rabe (c) privat
Roman Rabe (c) privat
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04.11.2021
Roman Rabe

Die Lesebiografie: Sechs Bücher aus dem Regal von Roman Rabe

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Unsere Lektüre prägt unsere Persönlichkeit. In der Reihe »Die Lesebiografie« schreiben Menschen aus dem Kulturbetrieb über Bücher, die sie beeindruckt und geformt haben, und zeigen sechs Werke aus ihrem Regal, mit denen sie eine besondere Zeit ihres Lebens verbinden. Gute Literatur wirkt in uns lange nach, sie verbindet Menschen in ihren Empfindungen und begleitet sie manchmal ein Leben lang …

Ich bin der Einladung gern gefolgt und es ist mir nicht schwergefallen, eine Auswahl zu treffen. Bremsen musste ich eher, Sie werden es bemerken, meinen missionarischen Eifer. Alle besprochenen Bücher haben mich über lange Zeit intensiv beschäftigt, meinem Verständnis für die literarische Kunst auf die Beine geholfen – und alle sechs haben in mir Begeisterung ausgelöst. Ich bin ein Freund der »Elefanten« unter den Romanen, der Bücher mit den großen Seitenzahlen. Es fasziniert mich, wenn Menschen sehr lange an einem Werk gearbeitet haben, wenn sie es sich und dem Leser schwermachen, wenn sie komplexe Netze auswerfen und unsere menschliche Existenz gleich im Ganzen einzufangen streben. Ganz und gar ergriffen bin ich, wenn dann auch noch das Leben der Autorin oder des Autors existenziell mit ihrem Werk verbunden ist.

Angefangen hat alles, als ich acht oder neun Jahre alt war …

Selma Lagerlöf: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen

Das erste große Literaturerlebnis bescherte mir Selma Lagerlöfs Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen. Gerade des Lesens mächtig wagte ich mich – von meinen Eltern ermuntert – an ein Werk, das, obwohl für eine junge Zielgruppe geschrieben, so reich an menschlichen Grunderfahrungen ist, dass es mir bis heute sehr viel bedeutet. Es erzählt die spektakuläre Reise eines Jungen zu Beginn seiner Adoleszenz. Er bereitet, wen wundert’s, seinen Eltern Sorgen. Die Reise durch sein Heimatland Schweden aus einer dem Menschen eigentlich nicht möglichen Perspektive verändert Nils Holgersson innerhalb ganz kurzer Zeit. Erstmals existentiell mit den Folgen seines Handelns konfrontiert und plötzlich – scheinbar – auf sich allein und in die Verantwortung gestellt, beginnt er diese auf sich zu nehmen.

Damals beim ersten Lesen beeindruckten mich die Abenteuer, und wie nebenbei blieben die vielen Informationen über Geografie, Geschichte und Sagenwelt Schwedens hängen, so wie es sich der Auftraggeber des Werkes, das schwedische Bildungsministerium, Anfang des 20. Jahrhunderts gewünscht hatte.

Selma Lagerlöf, selbst Lehrerin von Beruf, versteckte in diesem Buch aber auch noch eine Botschaft an die Erwachsenen, die sich auf deren Funktion als Eltern und Erzieher*innen bezieht. Dazu spielt sie zwei konträre Bildungs- und Erziehungskonzepte durch. Ich habe diese Botschaft erst als Vater entdeckt, als ich das Buch meinen Kindern vorlas. Nachdem Nils Holgersson die an seiner Erziehung verzweifelnden Eltern verlassen muss, bekommt er eine in dieser Funktion vor langer Zeit gescheiterte Ersatzmutter an die Seite gestellt, die diesmal weiß, was zu tun ist. Der ihr für eine kurze, aber entscheidende Zeit vom Schicksal Anvertraute schafft es im Verlauf der Geschichte sogar, eine Vermittlerrolle zu ihrem früheren Ziehsohn zu übernehmen – was für eine Symbolik! Die Frage nach der richtigen Erziehung unserer Kinder ist mit keiner Generation endgültig beantwortet, wir müssen ihn uns immer wieder neu erarbeiten. Aber dabei ein paar grundsätzliche Fehler zu vermeiden lehrt uns ganz nebenbei dieses Buch.

Auf den ersten Blick besitzt es eine ganz einfache Struktur. Die Kapitel sind die Tage der Abenteuer, über jedem Kapitel steht ein Datum (ohne Jahresangabe). Das Erzählen setzt im März ein, die Wildgänse sind auf dem Weg in ihre Brutgebiete hoch im Norden Schwedens, und es endet im Herbst mit ihrer Rückkehr. Eine der schönsten Stellen des Buches bildet dem Ende zu die Begegnung zweier in gewissem Sinne einsamer Menschen, deren Leben aus ganz unterschiedlichen Gründen vor einer Zäsur steht. Nils Holgersson trifft auf die Schriftstellerin. Als Ort für diese Episode wählt Selma Lagerlöf ihren elterlichen Hof, den sie im wirklichen Leben 1908 kurz nach Veröffentlichung des Romans wohl auch vom Honorar dafür zurückgekauft und vor dem Verfall gerettet hat. Sie lässt den Jungen der Schriftstellerin seine Geschichte erzählen und macht sich damit selbst zur Figur und als solche zum einzigen Menschen, dem er sich auf seiner Reise in verzauberter Gestalt anvertraut. Lagerlöf verknüpft an dieser Stelle auf sehr persönliche, aber auch moderne Weise die Welt ihrer Figur mit ihrer eigenen. Damit traut sie ihren jungen Leser*innen ganz nebenbei zu, philosophische Fragen der Subjekt-Objekt-Beziehung und verschiedene Wirklichkeitsebenen des Erzählten zu reflektieren.

Zwischen Frühling und Herbst eines Jahres finden Nils Holgersson und die Leser*innen über die Landschaften Schwedens hinweg das Leben der Menschen, ihre Erfahrungswelt und Traditionen in einer Fülle ausgebreitet, die es erlaubt, dieses großartige Buch mit dem Eigenschaftswort zu bezeichnen, das für mich große Kunst adelt: Welthaltig.

Uwe Johnson: Jahrestage. Aus dem Leben der Gesine Cresspahl

Vor ungefähr 15 Jahren fand ich in einer Buchhändlerzeitschrift überrascht den Hinweis auf einen Großroman deutscher Sprache, 1700 Seiten lang, der zur Weltliteratur zählen sollte und von dem ich bis dahin nicht gehört hatte. Auch der Name seines Autors, Uwe Johnson, war mir nur vage ein Begriff. Meine Neugier war geweckt und ich machte mich an die Lektüre von Jahrestage. Nach 50 Seiten hatte ich den komplizierten Erzählfaden verloren und musste von vorn beginnen, diesmal aber aufmerksamer und genauer lesend. Neben mir lag ein Heft, in das ich die wichtigsten Fakten je Kapitel eintrug, um Stellen wiederzufinden, die ich Wochen und Monate beziehungsweise hunderte Seiten später vielleicht brauchen würde. Und nun erschloss sich mir wie selten zuvor ein Kunstwerk.

Der Titel ist wörtlich gemeint: wie bei Nils Holgersson sind die Kapitel mit Daten überschrieben. Begonnen wird historisch eindeutig mit dem 20. August 1967, und den Leser*innen ist von vornherein mitgegeben, dass das Buch in seinem letzten Kapitel ein Datum von weltgeschichtlicher Bedeutung erreichen würde. Von einem chronologischen Erzählen zwischen beiden Tagen kann trotz der zeitlichen Strukturierung keine Rede sein. Überliefertes aus dem Leben von Gesines Herkunftsfamilie (die Handlung beginnt mit der Erzählung, wie vor der Machtergreifung Hitlers ihr Vater ihre Mutter kennenlernt), ihre eigene Vergangenheit, ihr aktuelles Leben alleinstehend mit zehnjähriger Tochter in New York sowie historische Ereignisse des Jahres (entnommen aus Artikeln der New York Times) machen die Erzählschichten aus. Eng verknüpft werden sie durch die lokale Bindung an die fiktive Kleinstadt Jerichow, die man nahe der Ostsee westlich von Wismar verorten kann, sowie mittels einer sehr anspruchsvollen Montagetechnik des Erzählens. Manchmal springt der Erzähler innerhalb eines Satzes zwischen mehreren Ebenen hin und her. Das Lesen wird auf diese Weise stark gebremst, Bruchstellen und Berührungspunkte der scheinbar zufällig aufeinanderliegenden und aneinanderstoßenden Erzählschollen ermöglichen in den Köpfen aufmerksamer Leser*innen aber gerade dadurch reiche Assoziationen. Plötzlich stellen sich Bezüge her, Schlussfolgerungen und Deutungen bieten sich an.

Ich fühlte mich in diesem Roman nie als Konsument, eher als Suchender an der Seite des Autors.

So lebendig und um die Wahrheit ringend wird die Geschichte des 20. Jahrhunderts von den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts bis zum Einmarsch sowjetischer Truppen in Prag vielleicht in keinem anderen deutschen Roman. Dass Johnson dazu auch noch einen räumlichen Bogen von einer mecklenburgischen Kleinstadt zum Schmelztiegel der Welt New York zu ziehen vermag, zeigt, was sich dieser Autor zutraut – und bewältigt. Schreiben konnte den auf der Grenze zwischen den politischen Systemen seiner Zeit balancierenden Roman nur einer, der sich weder im Osten noch im Westen zu Hause fühlte. Nach dem Studium der Germanistik in Rostock und Leipzig verließ Johnson 1959 die DDR Richtung Westberlin, nachdem seine Romane im eigenen Land nicht erscheinen durften. Aber er fand auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs keine neue Heimat und sehnte sich zeit seines viel zu kurzen Lebens nach der Landschaft seiner Kindheit und Jugend. Diese Sehnsucht muss ein starker Motor seines Schreibens an den Jahrestagen gewesen sein. Die »Katze Erinnerung«, die sich einstellt, wann sie will, liefert dem auktorialen Erzähler – der sich weit mehr als bei Lagerlöf auflöst in eine Figur des Romans, den »Genossen Schriftsteller« – die Geschichten. Gesine, die mit toten Familienangehörigen in einem inneren Dialog steht, tritt als Co-Erzählerin neben Johnson, indem sie ihrer Tochter die Geschichte ihrer Familie berichtet. Aber sie verhandelt auch vor uns Leser*innen mit dem Schriftsteller über das richtige Erzählen. Beide scheinen Sympathie und Respekt füreinander zu empfinden. Ich war immer wieder erstaunt, wie sensibel sich Johnson in seine weibliche Hauptfigur hineinversetzt.

Es ist die kompromisslose Suche nach der Wahrheit der gesellschaftlichen Ereignisse und ihrer Auswirkungen auf die Biografien der Menschen, die Johnson zu seiner hochkomplexen Erzählweise treibt. Über allem, was in diesem Roman geschieht, steht drängend die Frage, wie soll man leben, welche Kompromisse zwischen moralischem Anspruch und Suche nach persönlichem Glück darf man eingehen. Er schenkt uns Leser*innen nichts und dadurch gerade alles. Wie schicksalhaft Johnsons eigenes Leben und die Entstehung des Romans miteinander verschränkt waren, ist eine tragische Geschichte für sich. Er hat den vierten und letzten Band erst zehn Jahre nach dem dritten veröffentlicht und das Erscheinen nur um wenige Monate überlebt. Er war 49 Jahre alt, als er starb. Jahrestage ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Lebens-Werk.

Miguel de Cervantes Saavedras: Der sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha

Nach der Erfahrung mit den Jahrestagen suchte ich nach vergleichbaren Leserlebnissen. In meiner Jugend hatte ich zahlreiche Großromane des 19. Jahrhunderts verschlungen, wobei mir Dostojewski und Tolstoi besonders nahegekommen waren. Jetzt wollte ich es mit denen aufnehmen, die als schwierig zu lesen galten, darunter auch der Roman aller Romane, das Buch, mit dem die moderne erzählende Literatur begonnen hatte: Miguel de Cervantes Saavedras Der sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha, am Anfang des 17. Jahrhunderts geschrieben und die Möglichkeiten der Gattung gleich so weit ausreizend, dass man zuweilen den Eindruck hat, seine Fußstapfen werden immer die größten bleiben. Wo Schriftsteller*innen nach Cervantes den Roman auch hin entwickelten, ins Surreale, ins Absurde, ins Parodistische, ins Illusionistische, ins Tragische oder Fragmentarische – er ist immer schon da. Man fragt sich beim Lesen staunend, woran er sich ausbilden konnte, woher er den Reichtum seiner literarischen Mittel nahm. Formal ist Cervantes nach den Regeln der Kunst gar kein Meister. Der ursprüngliche Plan einer Novelle mit nur einer Hauptfigur ist kaum retuschiert, der Hauptstrang der Erzählung verliert sich immer wieder in ausufernden eingeschobenen Erzählungen, der zweite Teil scheint geschrieben, als hätte der erste bei der Niederschrift nicht vorgelegen, so gravierende logische Fehler gibt es. Wir sind als heutige Leser*innen ein Lektorat gewohnt, aber das Unfertige übt auch einen eigenwilligen Reiz aus, es vermittelt große Authentizität und den Eindruck des Improvisierten aus der noch weit verbreiteten mündlichen Erzähltradition.

Cervantes treibt eine sehr moderne Frage an – die nach dem Verhältnis zwischen dem wirklichen und dem erzählten Leben. Um sie auszuloten, macht er die Literatur selbst zum Gegenstand der Handlung. Er lässt zum Beispiel eine kleine Gruppe von Freunden Don Quijotes dessen Bibliothek Titel für Titel begutachten, darunter die ganze billige Unterhaltungsliteratur seiner Zeit, aber auch ein Buch von Cervantes selbst (das den strengen Urteilen natürlich standhält). Weitgehend bekannt ist die dargestellte Wirkung der beim Adel damals beliebten modischen Ritterromane auf die Hauptfigur, der sie den Verstand geraubt haben sollen (was durchaus in Frage steht). Aber viel interessanter wirkt sich Cervantes‘ Idee aus, im zweiten Band die Rezeption des ersten in die Geschichte einzubinden. Dieser ist zu Beginn des zweiten Bandes bereits veröffentlicht und wo Don Quijote auch hinkommt, man hat seine Abenteuer schon gelesen. Er und sein Diener werden damit als einer Art frühe Medienstars zum tragischen Spielball der vergnügungssüchtigen Oberschicht. Cervantes schafft es, dem gewissenlosen spanischen Adel seiner Zeit den Spiegel vorzuhalten, ohne dass die Zensoren das bemerkten, und gleichzeitig weit in die Zukunft zu schauen.

Aber all das würde dieses Buch noch nicht zu dem herausragenden Kunstwerk machen, das es ist. Mit der unverheirateten Hauptfigur, dem verarmten Adligen Don Quijote und seinem scheinbaren Gegenstück, dem als Diener gedungenen Bauern und Familienvater Sancho Pansa hat Cervantes zwei Dialogpartner geschaffen, die sich ununterbrochen die Bälle zuwerfen und dabei das Herz der Leser*innen, jedenfalls meines, Seite für Seite weiter aufgehen lassen. Mit ihrer Mischung aus Naivität und Weisheit, Pathos und Bauernschläue sind sie für das Böse nicht erreichbar und von der Tragik des Lebens nicht zu zerstören. Don Quijote weiß sehr wohl, was mit ihm geschieht, aber er hat einen Weg gefunden, seine prekäre Existenz als Mensch in einem großartigen Lebensexperiment vor allen inneren Bedrohungen zu schützen. Der Weg, den er wählt, ist kein leichter, aber für ihn ist es der einzig mögliche. Cervantes erschafft eine Doppelfigur, die sich lieber zum Gespött der Menge machen lässt, als ihr Menschsein zu verraten. Im Verhältnis der beiden zueinander und der Welt zu ihnen führt uns der Autor vor Augen, wer und was und wie der Mensch ist. Bis heute streiten sich Interpret*innen, was Cervantes eigentlich aussagen wollte. Es gibt wahrscheinlich so viele mögliche Antworten, wie es Leser*innen gibt. Leider sind dies heute, obwohl die meisten Menschen der westlichen Kultur ein Minimalwissen über die Figur des Don Quijote haben, nur noch wenige. Aber diejenigen, die es bis zum zweiten Band schaffen, werden das Buch nie wieder ganz weglegen können. Don Quijote wird uns bei jedem neuen Lesen erwarten und seiner Weisheit noch etwas Wichtiges hinzufügen. Solange wir Fragende bleiben.

Das Leben von Cervantes fiel in eine furchtbare Umbruchzeit für Spanien und war selbst ein grandioses Abenteuer. Trotzdem sah er sich, Kind seiner Zeit, weit weniger als Individuum als wir uns heute. Sich selbst zur Figur zu machen wie Lagerlöf und Johnson hat Cervantes nicht nahegelegen. Die Quelle seiner Erzählung und damit auch sich selbst versteckt er kunstvoll hinter einer hanebüchenen Überlieferungsgeschichte, die nicht einmal an der Grenze der spanischen Sprache haltmacht. Aber indem er sein Buch zum Gegenstand der Erzählung werden ließ, gelang ihm, das vollständige Beziehungsdreieck Autor – Buch – Leser*in in die Romanhandlung zu integrieren. Und das vor 400 Jahren!

Übrigens: Wie bei Uwe Johnson liegen bei Cervantes zehn Jahre zwischen zwei Bänden. Und auch er ist im Jahr nach dem Erscheinen des abschließenden Bandes gestorben. Aber wohl anders als Johnson – getröstet.

Hermann Melville: Moby Dick oder Der Wal

Ich komme jetzt zu einem Roman, um den ich mich lange gedrückt habe, obwohl ich in vielem anderen, was ich las, immer wieder auf ihn stieß. Vielleicht lag es am Genre des Schiffsabenteuers, vielleicht daran, dass es eine Männergeschichte ist. Aber zunehmend wob sich in meinem Kopf ein Geheimnis um Hermann Melvilles Moby Dick oder Der Wal, das Buch um den düsteren Kapitän Ahab mit dem alttestamentarischen Namen. Mit jeder neuen Zitierung wuchs die Neugierde ein bisschen. Letztlich sprach auch seine Länge von ungefähr 1000 Seiten in meinen Augen für das Buch.

Wie verblüfft war ich, als ich auf einen gar nicht auktorialen Erzähler traf. Da kommt ein sich dezent als Lehrer zu erkennen gebender Ich-Erzähler buchstäblich über den Berg, der sein alltägliches Leben wieder einmal nicht mehr aushält und für sein inneres Gleichgewicht zur See fahren muss. Er wirkt recht naiv und hängt sich schnell an einen Stärkeren, schon als es ums Anheuern geht. So hätte ich mich in seiner Situation auch angestellt.

Kaum hat man sich an diesen Erzähler gewöhnt, verschwindet er hinter kenntnisreich ausgebreiteten Details zum Walfang langsam, bis er in der Handlung wieder auftaucht, wenn auch immer seltener. Moby Dick ist nur zur knappen Hälfte ein Roman. Den größeren Rest des Textes bildet eine kapitelweise zwischen die Erzählung gestreute Enzyklopädie, eine akribisch zusammengetragene Sammlung von Informationen über Kulturgeschichte und Technik des Walfangs, wie er bis zur (deutschen) Erfindung der Harpunenkanone auf allen Weltmeeren betrieben wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts war das ein globales Geschäft. Das industrielle Zeitalter mit seinen immer komplexeren Maschinen in immer mehr und größeren Fabriken schrie nach Effizienz und Auslastung. Maschinen sollten auch in der dunklen Tageszeit laufen und elektrisches Licht gab es noch nicht. Der Pottwal wurde mit seinem Waltran und Walrat zum Energielieferanten für die Beleuchtung der entstehenden Industrienationen. Knapp 1000 Walfangschiffe kreuzten um 1850 auf den Weltmeeren, die meisten unter amerikanischer Flagge.

Melville erfindet ein Schiff, das sich ganz und gar unterscheidet. Und was er erzählen lässt, daran lässt er von Anfang an keinen Zweifel, wird nicht die übliche Walfangfahrt. Nicht nur das Schiff ist anders, auch der Kapitän, ein Teil der Besatzung, der versteckt gehalten wird, und vor allem das Ziel. Der Kapitän strebt nicht nach einem mit Tran gefülltem Schiff und einem guten Geschäft, sondern nach privater Rache. Der Rache an einem Tier, das ihm bei einer früheren Fahrt im Kampf um sein Leben ein Bein abgerissen hat. Wegen seiner helleren Haut hebt sich dieser Wal von seinen Artgenossen ab und die Walfänger, die ihn wegen seines Widerstandes gegen die Jäger fürchten, haben ihn Moby Dick genannt. Erstaunlicherweise hat gerade die fast mythisch erscheinende Titelfigur ein reales Vorbild gehabt.

Was auf der »Pequod« anhebt, nachdem das Schiff am Weihnachtstag vom Walfängerhafen Nantucket abgelegt hat, ist eine dystopische Vorwegnahme der zerstörerischsten Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Für den sensiblen Seismografen Melville waren sie offensichtlich bereits sichtbar. Da ist zunächst der Fanatismus eines Führers, denn Kapitän Ahab schwört, nachdem er sich Tage nach dem Auslaufen erstmals seiner Mannschaft zeigt, mit demagogischen Mitteln die Mannschaft auf sein hassgetriebenes Ziel ein. Das Recht scheint sein Gegenspieler auf seiner Seite zu haben: der vernünftig agierende, beherrschte und fromme Erste Steuermann Starbuck. Aber auch er ist von einer höheren Warte aus betrachtet Teil eines bildgewaltig und detailreich geschilderten Raubzuges gegen die Natur, für den Moby Dick auch steht, so sachlich und die Kultur des Handwerks betonend sie auch erzählt wird. In dieser allegorischen Geschichte, die wie Don Quijote viele Deutungen zulässt, steht die nationenreiche Mannschaft auf ihrem Schiff für die Menschheit. Und auch ein vernunftgesteuertes Walvernichtungsgeschäft im Sinne Starbucks, das den gefährlichen Moby Dick vielleicht ausgelassen hätte, stellt sich für den kritischen Leser in Frage. Seine Zeit hat den Propheten Melville nicht verstanden, und so verschwand der Epochenroman schnell von der Bildfläche. Sein Autor musste 1863, zwölf Jahre nach Erscheinen, ganz anders als später Lagerlöf seinen Hof verkaufen und eine öde Beschäftigung als Zollinspektor im Hafen von New York annehmen – 103 Jahre bevor Uwe Johnson in derselben Stadt eine Stelle als Schulbuchlektor antrat. Wie Johnson rang er sich kurz vor seinem Tode noch ein Meisterwerk ab: Billy Bud, das erst 33 Jahre nach seinem Tod veröffentlicht wurde, in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts, als auch Moby Dick endlich die Anerkennung erfuhr, die diese von philosophischen Exkursen und biblischen Bezügen so reiche beunruhigende Parabel auf den Weg des Menschen in dieser irdischen Welt verdient.

Heimito von Doderer: Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre

Jetzt komme ich auf den meiner ausgewählten Großromane zu sprechen, bei dessen Lektüre ich das größte Vergnügen empfand. Von der ersten Seite an hatte ich das wohlige Gefühl, von einem hochintelligenten Schwadroneur in ein sehr privates Vertrauen gezogen und von ihm als Teil der wohlhabenden Wiener Gesellschaft betrachtet zu werden, zu der er natürlich selbst gehörte. Heimito von Doderer bringt die Sprache im kunstvollsten Plauderton zum Tanzen, scheint beim Schreiben selbst berauscht gewesen zu sein von der Eleganz, mit der sie sich seiner Feder fügte. Er wagt immer kompliziertere Figuren, wobei das Spiel aus erlesenen Betrachtungen, eigene Geschichten ergebenden Rückblenden, feinster Figurenzeichnung, ein wenig Handlung und freundlich, aber haarscharf formulierten Kommentaren des Erzählers immer der Gesamtbewegung des Romans dient. Doderer vermittelt stets den Eindruck, handelnde Personen selbst zu kennen, weniger die wichtigen – von Melzer zum Beispiel behauptet er, den Vornamen nicht zu wissen, aber einige Nebenfiguren, auch solche aus anderen seiner Romane, scheinen wichtige Informanten zu sein. Was für ein leichtfüßiges Gegenstück zum »Genossen Schriftsteller« bei Uwe Johnson, obwohl doch beide ein Spiel mit ihrer Rolle als Erzähler treiben!

Doderer schafft es, uns über 900 Seiten und ein hochkomplexes Erzählkonstrukt hinweg auf unterhaltsamste Weise eine Lehre zu erteilen, die Schritt für Schritt auch seine Titelfigur, der Major Melzer lernt, ein Mensch, der lange Zeit immer das Leben anderer mitlebt, denen er sich unterstellt oder unterlegen fühlt.

Doderer weiß viel von der Welt und den Menschen, wenn die Welt hier auch »nur« das Österreich des Jahres 1925 ist, an dem noch nicht lange zurückliegend ein klug verwaltetes Weltreich hing, in dem es an Posten und Beamtenstellen keinen Mangel hatte und das in Rückblenden noch einmal imaginiert wird. Mit dem Ersten Weltkrieg war die glückliche K.-u.-k.-Zeit vorbei und es galt, sich neu zu finden.

Als Doderer mit der Niederschrift seines Romans begann, war um ihn herum gerade der nächste Weltkrieg zu Ende. Dem Buch merkt man, im Gegensatz zu allen anderen hier besprochenen, die aktuelle Lebenssituation des Autors nirgends an. Vielleicht ist es Flucht aus einer noch viel größeren Katastrophe, die den anfänglichen Sympathisanten Hitlers angetrieben hat. Wenn ja, kann man schöner nicht flüchten, und als Leser*in fügt man sich gern ein in die zurückgeneigte Gestimmtheit, genießt die klangvolle Opulenz dieses orchestralen Werkes. Bereits nach dem ersten Absatz ist man wie unter dem Einfluss einer Droge.

Die Stimmung des Romans ist schwer zu beschreiben. Zuunterst liegt eine sehr dezente melancholische Grundierung, auf die Farben einer bejahenden Einstellung zum Leben getupft sind. Es herrscht Sommer in diesem Buch, sogar in den meisten Rückblenden. Vielleicht um die Sogwirkung seines Erzählens zu dämpfen, aber mehr wohl um sich als unangefochtener Herr im Hause seiner Geschichte zu zeigen, bedient sich der Autor eines stets leicht ironischen und Distanz wahrenden Erzähltons, den er glanzvoll beherrscht. Und er nutzt, vielleicht um den Bezug zu seiner Person etwas abzuschwächen oder die Verantwortung seiner Zeugenschaft quasi auf mehrere Schultern zu verteilen, wenn er von sich selbst als Erzähler spricht, den Pluralis Majestatis.

Das Personal des Romans generiert sich weitgehend aus gut bis sehr gut situierten Wiener Familien. Die Hauptfiguren sind Menschen am Übergang von der Jugend in einen Lebensabschnitt der gefallenen Entscheidungen, der sich hier auf die Partnerwahl und die Art, die Partnerschaft zu leben, konzentriert. (Wie anders werden wohlhabende Wiener*innen erwachsen als in Nils Holgersson Häuslerkinder aus schwedischen Dörfern wenige Jahre früher!) Prekäre wirtschaftliche Verhältnisse sind weit, die Bedrohungen kommen trotz der Zäsuren um die Kriegsniederlage in der beleuchteten Gesellschaftsschicht eher von innen. Aber die Fokussierung geht noch weiter. Doderer blendet den Alltag der Figuren, ihre Arbeit und trotz aller Umbrüche auch alles direkt Politisch-Gesellschaftliche weitgehend aus. Das Erzählen setzt immer erst in der Freizeit ein, von der den Figuren ein erstaunlicher Vorrat zur Verfügung zu stehen scheint. Nichtsdestotrotz hinterlässt Doderer im Text Spuren, die unauffällig wichtige Veränderungen in der Stadt und im Leben ihrer Bewohner*innen markieren, zum Beispiel die in einem Wohnzimmer wahrgenommenen akustischen Wirkungen der Straßenbahn-Oberleitung, die an der Außenwand befestigt ist. Schauplätze sind ihm wichtig und die Augenblicke, in denen Besonderes geschieht, das im Inneren der Figuren etwas auslöst und verändert. Und immer wieder ist die Strudlhofstiege, eine seit 1910 zwei Straßen im Wiener Alsergrund verbindende Jugendstil-Treppenanlage der Ort wichtiger Begegnungen im Roman.

Doderer ist mit der Strudlhofstiege berühmt geworden und sein Buch hat die Treppe berühmt gemacht. Sie hält wie zum Dank die Erinnerung an ihn wach mit einer Tafel, auf der sein Eingangsgedicht zum Roman zu lesen ist: »Wenn die Blätter auf den Stufen liegen …«.

Regina Scheer: Machandel

Mit dem letzten Roman, auf den ich eingehen möchte, sind wir fast in der unmittelbaren Gegenwart angekommen, denn Regina Scheers Machandel wurde 2014 veröffentlicht. Ich habe meiner Mutter aus ihm vorgelesen, und sie fand sich gut zurecht im Erzählten über ein Dorf in den Vierziger- und Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Scheer verfolgt ein ähnliches Vorhaben wie Uwe Johnson. Sie will deutsche Geschichte an konkreten Schicksalen erzählen. Sie beginnt ungefähr in derselben Zeit wie Johnson. Ihre Perspektive ist im Gegensatz zu diesem aber bereits die des wiedervereinigten Deutschlands. Wie er wählt sie einen fiktiven Ort in Mecklenburg, um die Veränderungen über die Jahrzehnte (hier fast sieben) anhand eines miteinander in Beziehung stehenden Figurenensembles zu erzählen. Bei ihr ist es das Dorf Machandel (niederdeutsch für Wacholder). Der Gemeine Wacholder ist der weltweit verbreitetste Nadelbaum, das Dorf steht also für weit mehr als den Mikrokosmos, der uns vorgeführt wird.

Anstelle einer auktorialen Erzählerin übernehmen fünf Figuren des Romans abwechselnd das Amt, wobei eine der jüngsten, Clara, die Hälfte der Kapitel bestreitet. Die Kapitelüberschriften tragen den Namen der oder des Erzählenden. Die Perspektiven wechseln mit ihnen und erst langsam setzt sich das Bild der Ereignisse und Beziehungen zusammen. Aber jedes Kapitel führt uns tief in die persönlichen Situationen der Erzählenden hinein, die von den politischen Verhältnissen und gesellschaftlichen Ereignissen gezeichnet sind. Dargestellt werden keine Aufbegehrenden, keine Märtyrer*innen, und sie bestimmen die Geschichte nicht mit, nicht einmal der, der kurzzeitig ein Ministeramt bekleidet. Meistens müssen sie sich mit Situationen abfinden und in ein Schicksal fügen. Trotzdem übernehmen sie Verantwortung. Ihr Kampf um Würde und Menschlichkeit wird unspektakulär im Alltag geführt. Manchmal versagen sie, aber irgendwie nie endgültig.

Wie bei Lagerlöf bekommen wir Leser*innen auch bei ihr einen Einblick, der uns normalerweise verschlossen ist. War es dort die Kommunikation der Tiere, deren Sprache Nils Holgersson während seiner Verzauberung versteht, ist es hier der Blick in die Köpfe der handelnden Personen, die ganz aus sich selbst heraus berichten und deren Berichte uns deshalb mit großer Macht ergreifen. So werden dieselben Zeiten am selben Ort aus verschiedenen Blickwinkeln sichtbar gemacht. Wie Johnson traut Scheer nicht einer Wahrheit allein. Aber auch wenn sie vielleicht in Claras Sicht mehr von sich selbst hineingelegt hat als in die Beiträge der anderen, so lässt sie jeder Figur doch ihren eigenen Raum. Und außer diesen spricht niemand. Was für ein Verständnis von menschlicher und historischer Wahrheit! Scheers literarische Mittel führen uns emotional und unmittelbar mitten in das Erleben der Figuren. Eine erträgliche Trauer liegt über allem, erträglich dank einer Bereitschaft vor allem der weiblichen Figuren, andere in ihrer Schwäche zu akzeptieren, auf sie zuzugehen als letztlich Mitleidende an denselben Verhältnissen sich vorsichtig gegenseitig zu stützen. Scheers Sprache verzichtet auf jedes Mittel, Distanz herzustellen: den künstlichen Sprachduktus von Johnson genauso wie die Ironie von Doderer. Unsere eigenen Empfindungen können bei Regina Scheer viel leichter mitschwingen.

Die Konstruktion des Buches ist hochkomplex, aber für uns Leser*innen soll sie keine Barriere darstellen. Scheer ist sich deshalb nicht zu schade, mit einem Figurenregister am Ende des Buches diskret eine Lesehilfe beizusteuern.

Es gelingt ihr Familienbiografien über Generationen hinweg zu entwickeln, die das 20. Jahrhundert bis zu seinem Ende repräsentieren. Das Private kommt im Gesellschaftlichen nicht zu kurz. Wie bei Cervantes erhält Literatur bei Scheer eine Rolle im Roman. Clara schreibt über das grausige von dem Maler Philipp Otto Runge an die Brüder Grimm überkommene plattdeutsche Märchen Van den Machandelboom ihre Dissertation und seine Deutung ist über die Clara-Kapitel hinweg immer wieder Thema der Hoffnung. Das Einsammeln der Knochen ihres ermordeten Bruders durch das Kind Marleeneken als die Bewahrung der Erinnerung an ihn ermöglicht seine Rückkehr ins Leben und die Aufklärung des Verbrechens. Clara vergleicht ihr Recherchieren in Machandel über die Schicksale der Dorfbewohner*innen selbst mit diesem Einsammeln. Die Bewahrung der Erinnerung an Ereignisse und Menschen in künstlerischer Literatur könnte für uns wie bei Johnson lebensspendend sein. Und folgerichtig tritt Scheer den schweren schmerzhaften Gang an, die noch so nahe Transformation der ehemaligen DDR in das geeinte Deutschland während der Neunzigerjahre anhand ihrer Figuren zu erinnern. So ist ihr Buch auch ein großartiger Wenderoman: Was über die Umgestaltung des Ostberliner Wissenschaftsbetriebes da von einer Betroffenen berichtet wird, zeigt exemplarisch Ursachen und Phasen von Ent-Täuschungen, die bis heute bittere Wirkungen zeigen.

Aber nicht einmal bei den unausgeheilten Wunden der jüngsten Vergangenheit bleibt Regina Scheer stehen, ein Erzählstrang reicht sehr glaubwürdig bis zum Kampf gegen die Zerstörung des Regenwaldes in Brasilien. Und sie verknüpft ganz kurz, aber sehr stimmig ein heute besonders akutes großes Menschheitsthema mit ihrem Dorf Machandel. Nachdem sie das Schicksal einiger Flüchtlinge, die am Ende des Krieges ins Dorf kamen, erzählt hat, taucht am See in der Nähe des Dorfes eine Gruppe von Roma auf. Sie werden von Jugendlichen aus der Umgebung unter Gewalteinsatz verjagt. Wie bei Johnson am letzten Tag der Jahrestage in Prag sowjetische Panzer rollen, so ist bei Scheer das Verjagen badender Fremder am Ende des Buches der Blick in eine bedrohte Zukunft, das Menetekel an der Wand des Romans. Heimat ist auch bei Scheer ein zentrales Thema. Die meisten ihrer Protagonisten finden eine, keine ideale, aber Orte und Menschen, die sie mindestens zulassen und tolerieren. Das ist die Hoffnung einer Schriftstellerin, die, so wünsche ich mir, noch lange nicht zu Ende erzählt hat.

Letzten Monat lasen Sie Sechs Bücher aus dem Regal von Jaqueline Metzger

Roman Rabe wurde vor fast 60 Jahren in Dresden geboren. Er fühlt sich heute zunehmend zu den »alten weißen Männern« gehörend, obwohl eine solche Selbstwahrnehmung die meiste Zeit des Lebens außerhalb seiner Vorstellung gelegen hat. Nach dem Abitur an der EOS »Pestalozzi« und 18 verhassten, aber, was das Lesen betrifft, sehr ergiebigen Monaten beim DDR-Militär studierte er, um in der Nähe der Literatur verweilen zu können, Öffentliches Bibliothekswesen (in Leipzig). Sein Berufsleben begann in einer Dresdner Stadtbezirksbibliothek. Nach der politischen Wende fand er sich dank günstiger Umstände als Lektor für Geisteswissenschaften und sieben Jahre später als stellvertretender Bibliotheksdirektor wieder. Obwohl seine berufliche Arbeit mit jeder Stelle an Bezügen zur Literatur verlor, bemühte er sich aus ungetrübtem Interesse an dieser Kunst rezeptiv dranzubleiben und im privaten Umfeld auch andere dafür zu begeistern. Mit der vorangestellten Lesebiografie wagt er eine seiner wenigen und die überhaupt erste schriftliche Äußerung zur Literatur in der Öffentlichkeit: »Ich danke für Gelegenheit und Ermunterung und hoffe sehr, dass sich niemand bei der Lektüre langweilt, auch nicht die Menschen an den mir entferntesten Rändern von ›Age‹-, ›Colour‹- und ›Gender‹-Spektrum.«

Hörempfehlung: »Leseempfehlung: Jahrestage von Uwe Johnson«, vorgestellt von Roman Rabe im Podcast »Bücherrausch« der Städtischen Bibliotheken Dresden