Literaturpädagogin Maike Beier in Aktion
LiteraTOUR Sachsen feiert 15-jähriges Jubiläum
Eifrige Arbeit in der Schreibwerkstatt (Foto: LiteraTour Sachsen)
Maike Beier und Juliane Moschel durchschneiden das Band bei der Eröffnung der EntdeckerTOUR (Bild: Das Erich Kästner Haus für Literatur)
Sorgfältige Handarbeit: Die eigene Gestaltung eines Bucheinbands (Foto: LiteraTour Sachsen)
Ergebnisse und Materialien der Druckwerkstatt (Foto: LiteraTour Sachsen)
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12.07.2025
Maike Beier

Mut zum Buch!

LiteraTOUR Sachsen feiert sein 15-jähriges Jubiläum

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Seit 15 Jahren bringt LiteraTOUR Sachsen Menschen mit Büchern in Kontakt: Kinder, Vermittler*innen, Lehrkräfte, Bibliotheken und Jugendliche rücken enger zusammen, in gemeinsamer Leidenschaft für das Lesen. Zeit, einmal Danke zu sagen!

Ein wenig verwegen gründete ich im Mai 2010 LiteraTOUR Sachsen – die Agentur für Leseförderung, um mich der professionellen Leseförderung und Literaturvermittlung zu widmen. Ich hatte bereits 20 Jahre im Buchhandel als Buchhändlerin und Diplom-Buchhandelswirtin Berufserfahrung gesammelt und wurde regelmäßig mit rückläufigem Leseinteresse und -kompetenzen konfrontiert. So entstand bei mir die Idee, mich zukünftig diesen Inhalten zuzuwenden – erst im Lauf der Zeit realisierte ich, dass mein Herz auf der Kultur- und Literaturvermittlungsseite deutlich vernehmbarer schlug. Zunächst ahnte ich gar nicht, wie erfolgreich es werden würde und welche Bedarfe mich erwarteten. Was ich aber sofort wahrnahm, war das große Interesse aller, die mich nach meiner Tätigkeit fragten, also wuchs mein Mut stetig!

Zurück auf die Schulbank

LiteraTOUR Sachsen startete mit der Programmplanung des Literaturfestes in Meißen und der Honorartätigkeit für das Projekt Lesestark! nach ersten Gehversuchen als Lesepatin. Das Projektteam der Städtischen Bibliotheken ermutigte mich sehr zur Zertifizierung in der Akademie für kulturelle Bildung in Remscheid (damals: Akademie Remscheid), die ich bis heute als die inspirierendste Zeit meines Berufslebens erinnere. Ich fand dort nur Menschen mit der gleichen Passion: Sich der Leseförderung bei Kindern aller Altersgruppen zu widmen.

Daher bedanke ich mich bei allen, die mich bereits in der Ideenfindung und Gründungszeit unterstützten und ermutigten. Mit einem Namen und dem Logo nahm nach einigen schlaflosen Nächten die Agentur ihren Lauf.

15 Jahre Arbeit als Multiplikatorin, Dozentin und Beraterin für Leseförderung, Literaturvermittlung und Sprachbildung haben ein reichhaltiges Angebot an Fortbildungen, Seminaren und Workshops entstehen lassen, aus dem Interessierte nun schöpfen und auswählen können. In der Vorbereitung des Jubiläums erst wurde mir bewusst, dass ich in dieser Zeit fast 50 verschiedene Fort- und Weiterbildungs-Themen zur Literacy-Erziehung, Literaturpädagogik, Sprachbildung, Mehrsprachigkeit und Family Literacy ausarbeitete und als buchbare Veranstaltung konzipierte.
Ein wenig überwältigend, wenn ich die Alltags- und Arbeitsebene kurz verlasse und versuche, meine Agentur aus der Vogel- oder Beobachterperspektive zu betrachten oder die letzten Jahre aus diesem Anlass ein wenig zu resümieren.

Sprache als Kernkompetenz

Nach dem Start 2010 wurde ich vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) für die Qualifizierungsoffensive »Sprachliche Bildung und Förderung für Kinder unter drei« in der damals zweiten Welle des späteren Sprach-Kita-Projekts als Referentin und Multiplikatorin angefragt. Meine Zusage war ein Glücksgriff, denn Literatur ohne Sprache ist undenkbar, und Sprache als Vorläuferkompetenz des Lesens und Schreibens unverzichtbar. Die Kenntnisse über Spracherwerbsprozesse und deren Unterstützung im (nicht nur) pädagogischen Alltag sind jeden einzelnen Tag eine Bereicherung für meine literaturpädagogische Arbeit.

Ich begann mit einem Projektangebot: Ein Buch – mein Buch, meiner Version einer kindzentrierten Buchwerkstatt, in der die Kinder alle Schritte zur Entstehung eines Buches erleben und begreifen, da ich der Überzeugung bin, dass eine niederschwellige Beschäftigung mit der Materie und die selbstwirksame Erfahrung mit einer Sache Hemmschwellen und Barrieren nachhaltig »einreißt« und Zugänge ermöglicht, die mit dem Zielobjekt unmöglich wären und so ganz andere, neue Zielgruppen erreicht. Erst gestern konnte ich beim Herstellen von Einbänden erfahren, wie Kinder plötzlich großes Interesse für Bücher und Lesestoffe, das Erzählen und literarische Inhalte entwickeln, obwohl sie nur kurz vorher das Erzählen oder Vorlesen einer Geschichte vehement ablehnten.

Seit 15 Jahren nunmehr qualifiziere und professionalisiere ich das Projekt für Kitas und Schulen, und das Interesse und der Erfolg sind ungebrochen. Nicht selten unterstützen mich meine beiden lieben Kolleginnen Christine Wörsching und Simone Eutebach bei der Durchführung, da beide eine sehr ähnliche pädagogische Haltung und einen offenen Blick für freudvolle Entwicklungsprozesse einbringen.

Ein lebendiger Schlüssel

Neben diesem Projekt sind zahlreiche andere entstanden, die durch Mittel der Landeshauptstadt Dresden, des Amtes für Kultur- und Denkmalschutz, der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, das Staatsministerium für Kultus, durch das Landeskompetenzzentrum für Sprache (VSK) in Leipzig und viele andere finanziell getragen und unterstützt wurden. Dahinter oder eigentlich davor stehen jedoch immer Menschen, die mir und meinen Angeboten vertrauen, das Engagement für Sprachbildung und Leseförderung als lebendiger Schlüssel zu Bildung und Teilhabe mit mir teilen und sich für die Finanzierung meiner Ideen aus öffentlichen und Steuermitteln im Freistaat Sachsen und der Landeshauptstadt Dresden einsetzen.

Selbst meine verwegene Idee zu einer hybriden literarischen EntdeckerTOUR durch die Dresdner Neustadt in der pandemischen und kontaktarmen Zeit mit fünf Orten, Literaten, Formen, Rätseln und Gattungen konnte ich umsetzen. Heute kann diese Tour jeder kostenfrei durchführen, die Dresdner Neustadt dabei literarisch erkunden und Neues entdecken (Achtung: Alle Ortungsdienste müssen dafür am digitalen Endgerät zugelassen werden).

Mittlerweile kreiere ich nach diesem Beispiel ähnliche Touren für Grundschulen, diese allerdings analog. Ein Erfolgsprojekt ist die »Bücherjagd«, die jährlich an sächsischen Grundschulen für 3. und 4. Klassen mit Unterstützung durch das SMK durchgeführt werden kann.

Vom Stammtisch bis zur Bücherjagd

Aus einer durch die sprachbildnerische Verknüpfung hervorgegangenen Passion für Bilder und Bildsprache(n) ist eine explizite und durchaus gefragte Expertise, Kompetenz und Leidenschaft für Bilderbücher entstanden, die nicht zuletzt neben vielen anderen Veranstaltungen einen beliebten und regelmäßigen Bilder-Buch-Stammtisch sowie eine enge Verbindung zu Richters Buchhandlung und einer Gruppe engagierter Elementarpädagog*innen entstehen ließ.

Die Programmplanung des Literaturfest Meißen habe ich nach neun Jahren abgegeben, doch nach bereits einem Jahr vermisste ich die Autorenbegegnungen und das besondere Format der Leseförderung so sehr, dass ich mit dem Argument einer für mich damals in Dresden spürbaren Leerstelle eines Kinderlesefestes im Kulturamt vorsprach und gegen alle vorsichtigen Erwartungen mit großem Interesse und Vertrauen empfangen wurde – im Grunde bedufte es kaum einer Erklärung, und ich brachte klein, aber mit einer Finanzierung zunächst der Stadt, nach einem Jahr auch mit Unterstützung der KdFS, das heute sehr erfolgreiche Literatur FETZT! von Beginn an in Kooperation mit Gleichgesinnten bei Literatur JETZT! auf den Weg. Heute ist auch das Kinderlesefest Teil des Literatur JETZT!-Teams und Vereins, und ich bin weiterhin Kuratorin und Planerin des Kinderlesefestes. Der Erfolg ist so groß, dass wir 2024 mit dem Kunstförderpreis der Landeshauptstadt Dresden geehrt wurden, was uns sehr freut.

Die Ideen gehen dennoch nicht aus. So wünschte ich mir, einen festen Ort für inspirierende, dauerhafte und freie literarische Begegnungen für junge Menschen kreieren und entstehen lassen zu können. Aktionen im Sinne von »Jedem Kind in Dresden sein Buch« an Orten und Plätzen, an denen sich Kinder aus eigener Motivation am Nachmittag oder Wochenende aufhalten, zum Beispiel auf Fußballplätzen, halte ich für vielversprechend leseförderlich und eine großartige Vision von LiteraTOUR Sachsen.

Herzlichen Dank für 15 Jahre LiteraTOUR Sachsen!

 

Mehr zu den Projekten auf literatour-sachsen.de

Maike Beier im Interview

 

Mein besonderer Dank gilt:

Juliane Moschell und dem Amt für Kultur und Denkmalschutz der Landeshauptstadt Dresden
Dr. Manuel Frey und der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
Christine Lippmann und dem Projekt Lesestark! sowie den Städtischen Bibliotheken Dresden
Landesamt für Schule und Bildung Sachsen / Lehrerfort- und -weiterbildung
Dr. Christiane Hofbauer und dem Landeskompetenzzentrum zur sprachlichen Bildung und Förderung an Kitas in Sachsen und Leipzig
16. Grundschule Dresden mit Marcella Riebe-Simmank, Jasmin Hesse und weiteren
Stiftung Lesen mit Lesescouts und -clubs
Pro Helvetia – Schweizer Kulturstiftung für die Einladung und finanzielle Unterstützung
Literatur JETZT! e. V.
Kulturverein Meißen e. V.

Simone Eutebach
Christine Wörsching mit Erlesen lesen
Josefine Gottwald
Samuel Macuta
Manuela Vock mit BLAO Gestaltungsraum

Eigenbetrieb Kindertagesstätten Dresden und Projekt KuBiK Dresden
Goethe Institut Riga

Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Akademie der Kulturellen Bildung Remscheid
AIM – Akademie für Innovative Bildung Heilbronn
feinschliff – Bildungsakademie München
AWV Dresden

… vielen mehr und allen voran meinem Sohn Timon für die Geduld, das Vertrauen, die Unterstützung und für alle Stunden ohne mich und deine Hilfe, wann immer du bisher konntest!