Der Sächsische Literaturrat e.V. ist der Landesdachverband literarischer Vereine, Verbände und Institutionen. Als Informations- und Vernetzungszentrum in Sachen Literatur in und aus Sachsen sieht er sich der Vermittlung/Lobbyarbeit für die Literatur und das Lesen sowie der Förderung und Pflege der Literatur und des literarischen Lebens im Freistaat Sachsen verpflichtet.
Zum 30. November verlässt die bisherige Geschäftsführerin Dr. Sibille Tröml nach fast 20 Jahren auf eigenen Wunsch ihr Amt und gibt den Verband an eine Doppelspitze ab. Zusammen mit den wechselnden ehrenamtlichen Vorständen gelang es Sibille Tröml, den 1995 gegründeten und seit 1996 vom Land Sachsen institutionell geförderten Sächsischen Literaturrat e.V. zu einem auch über die Landesgrenzen hinaus anerkannten Landesdachverband zu etablieren.
Stimmen aus der Literatur senden ihren Abschiedsgruß.
Sanft, aber bestimmt
Auf der Wichtigkeitsskala von eins bis zehn steht die Musik in Sachsen ganz oben. Dann kommt die Malerei, dann eine Weile nichts. Literatur spielt kaum eine Rolle. – Solche Thesen treiben Sibille Tröml auf die Palme. Da kann sie sich richtig aufregen. Für sie gibt es in der Kunst keine Rang- und Reihenfolge. Mit leidenschaftlichem Zorn verteidigt sie die Belange der Literatur. Als engagierte Fürsprecherin wird sie fehlen. Ihre sanfte Bestimmtheit hat manches Hindernis überwunden. Mit immer neuen Lesereihen und gut gefüllten Bücherkoffern bereitete Sibylle Tröml sächsischen Autoren den Weg bis in die entferntesten Orte. Die Stadtteilbibliothek ist ihr ebenso wichtig wie die Regierungsbank. Ich werde nicht vergessen, wie sie im sächsischen Kunstministerium den Literaturrat vorstellte und dazu Neuerscheinungen hiesiger Schriftsteller. Mitarbeiter des Hauses kamen zum Gucken vorbei, und kaum einer dürfte den Saal ohne Buch verlassen haben. Denn Sibylle Tröml warb mit ansteckender Begeisterung für jeden einzelnen Titel. Sie kann überzeugen, weil sie sich auskennt, mit Texten, mit Schriftstellern und mit den Mechanismen des Literaturbetriebs. Weil sie weiß, dass der Betrieb nicht nur vom guten Willen lebt, kümmerte sie sich unermüdlich auch um die finanzielle Ausstattung. Feingeist und Kaufmann zugleich zu sein, das konnte Goethe, aber wer kann das noch?
Karin Großmann, Literaturkritikerin der Sächsischen Zeitung
Für immer verbunden
Sibille Tröml hat mit dem Buchsalon ein wunderbares Format geschaffen – die sechs Sommerabende mit ihr und Kästner waren immer heiter, kontrovers und spannend! Ganz gewiss bleiben auch folgende Veranstaltungen weiter mit ihrer Person verbunden. Liebe Sibille, hab vielen Dank, wir wünschen dir nur das Allerbeste!
Andrea O’Brien, Das Erich Kästner Haus für Literatur
Das beharrliche Sandkorn
Wenn ich rückblickend an die Arbeit von Frau Dr. Tröml denke, fällt mir spontan das Bild eines wandernden Scherenschleifers ein, der früher bis an die Haustüren kam. Sie schärfte unsere Sinne, bevor sie nun weiterzieht. Der Scherenschleifer als Metapher verstanden für Beharrlichkeit, Begeisterung und Sachkompetenz in Bezug auf Literaturvermittlung insbesondere der sächsischen Literatur trifft mein Bild von Frau Dr. Sibille Trömls jahrelangem Engagement ziemlich genau.
Dankbarkeit erfüllt mich auch, dass sie in unseren Gesprächen mit dem Ministerium und anderen Behörden (z. B. bei Fragen der finanziellen Förderung) das beharrliche Sandkorn war, welches die Steine zum Knirschen brachte und somit daran erinnerte, dass sich das Mühlrad drehen muss, will man Mehl gewinnen, feines weißes Mehl, welches die Literatur braucht, um weiterhin schmackhafte Brote backen zu können.
Uwe Claus, Autor und Projektkoordinator, Signum e.V. und andere
Ein warmes Herz mit robuster Begeisterung
Ich durfte Sibille Tröml kennenlernen, als sie in turbulenten Zeiten die schwierige Position der Geschäftsführerin des Sächsischen Literaturrats e. V. antrat. Von Anbeginn an war sie eine engagierte Kämpferin für die Literatur und ihre Protagonisten – eine Aufgabe, deren Untiefen sie zu dem Zeitpunkt gewiss nicht erahnt hat. Dennoch wurde Sibille rasch das Herz und die Seele des organisierten Sächsischen Literaturbetriebs, Vertreterin von Individualisten, die in der Mehrzahl keine Vereine (und was damit zusammenhängt) mögen. Kein Wunder, dass sie dabei Nerven ließ. Dennoch bewahrte sie sich stets alle Eigenschaften, die sie zu einem liebenswerten Menschen machen: Herzlichkeit, menschliche Wärme, Empathie und eine unendlich robuste Begeisterung fürs Schreiben und Lesen. Danke, liebe Sibille, dass du so lange bei uns Büchernarren ausgeharrt hast. Du wirst uns fehlen.
Ralf Günther, Autor und ehemaliges Vorstandmitglied im Sächsischen Literaturrat e.V.
Erstaunliche Fußstapfen
Die Nachricht von Sibille Trömls angekündigtem Abschied, über welchen im März erstmals informiert wurde, hatte mich sehr betroffen gemacht. Warum geht eine junge Frau, die viel für die Literatur in Sachsen getan hat, einfach so ins Neuland? Mein erster Gedanke war: Ist das die Folge einer zu geringen Stellenbesetzung? Ist es zu viel Verantwortung auf zu wenig Schultern? Wird hier jemand sehenden Auges verschlissen, den wir doch alle brauchen?
Ich habe Sibille Tröml immer als eine wuselige Streiterin für die Rechte und Möglichkeiten der Akteure in der Sächsischen Literaturszene kennengelernt. Als eine, die viel Herz in die Literatur gesteckt und viele wichtige Netzwerke geknüpft hat. Sie hatte Ideen und auch Ideen, diese Ideen umzusetzen. Umsetzen heißt in diesem Fall: von Pontius zu Pilatus laufen. Dazu brauch man eine nahezu biblische Geduld und Energie. Als Geschäftsführerin diese für uns wichtigen Landeskulturverbandes hat sie gemeinsam mit den wechselnden Vorständen des Sächsischen Literaturrats viele Verhandlungen mit den Spitzen der Politik in der Sächsischen Staatsregierung und im Sächsischen Landtag führen müssen. Dort ging es immer ums Geld und um die Möglichkeiten, Literatur in Sachsen sichtbar zu machen, Lesungen zu ermöglichen, Bibliotheken und Leseveranstalter in Sachsen zu stärken. Für dieses wuselige Kämpfertum können wir uns nicht genug bei Sibille Tröml bedanken. Diese bei aller Energie letztlich doch zarte Frau hinterlässt trotz ihrer vergleichsweise kleinen Füße große Fußstapfen, die ihre Nachfolgerinnen erst einmal ausfüllen lernen müssen. Vielleicht ist es eine gute Entscheidung des Vorstandes des Literaturrats, gleich zwei neue Geschäftsführerinnen zu bestellen. So verteilen sich Verantwortung und Aufgabenbewältigung auf mehr Schultern.
Sibille Tröml wünsche ich für ihre weiteren Lebens- und Arbeitspläne Gesundheit, gute und liebevolle Mitstreiter für eine neue interessante Aufgabe und kreative Ideen am laufenden Band.
Axel Helbig, Literarische Arena e. V. und Redaktion Ostragehege – Zeitschrift für Literatur und Kunst
Organisationstalent mit Vor-Ort-Einsatz
Ich kenne Sibille Tröml schon einige Jahre, nicht erst seit der Zeit, als ich im Sächsischen Literaturrat tätig war. Kenne sie als unbeirrte Streiterin für die Literatur und die Literaten. Das Heft angezettelt hat mich über Jahre begleitet und war mir eine Quelle von Informationen, die ich sonst, am Rande des Landes lebend, sicher nicht bekommen hätte. Ich schätze ihr Organisationstalent. Was mich aber am meisten beeindruckt hat, ist ihr Einsatz an den Orten gewesen, wo literarische Lesungen stattfanden. Sehr gut kann ich mich an die Lesung aus dem »Sächsischen Bücherkoffer« mit Dieter Kalka im Herbst 2018 erinnern, zu welcher der Sächsische Literaturrat e.V. gemeinsam mit den Freunden der Smoler’schen Buchhandlung e. V. in Bautzen eingeladen hatte. Dort, wie auch später, bei einer Vorstellung des Bücherkoffers in Saritsch, hat sie mit sehr viel Engagement die neuen Bücher präsentiert und auf ihre ganz eigene Art die Zuhörer beeindruckt, mitgerissen, auf die Bücher neugierig gemacht.
Róža Domašcyna, Autorin und Mitglied im Sächsischen Literaturrat e.V.
Ein Gefühl von Heimat
Sibille Tröml hat wie niemand sonst den Sächsischen Literaturrat verkörpert. Ihr gelang es sowohl die unterschiedlichen literarischen Vereine und Institutionen des Landes als auch namhafte Literaten und Literatinnen in ihr Wirken einzubeziehen. Sie war in ihrer Position ein Glücksfall für die literarische Landschaft in Sachsen. Gleichzeitig war sie eine wichtige Ansprechpartnerin für jene Autorinnen und Autoren, die weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind und von denen viele Ehrenmitglieder des Literaturrats wurden.
Meine erste Begegnung mit Sibille Tröml vor zwanzig Jahren war zugleich einer meiner ersten Kontakte in die literarische Szene Sachsens. Das von ihr betreute Heft angezettelt gab mir damals erste Informationen über Veranstaltungen, neue Bücher und Ausschreibungen im Land. Dass sie sogleich bereit war, sich mit mir »auf einen Kaffee« zu treffen, war eine jener kleinen, aber doch wichtigen Gesten, die mir das Gefühl gaben, im literarischen Sachsen heimisch werden zu können.
So war Sibille Tröml in ihrer Funktion auch für die Neuen eine wichtige Adresse. Viele bewährte Veranstaltungsformate gehen auf ihr Mitwirken zurück. Genannt sei nur die Landnahme, die dazu dient, die Resonanz für Literaturpreise an sächsische Autorinnen und Autoren noch einmal innerhalb des Landes zu verstärken. Beruhigend war für mich ihre Belesenheit. Eine besondere Stärke ist ihr unermüdlicher Einsatz für die sozialen und finanziellen Belange der Schreibenden gewesen. Besonders gefallen hat mir ihre Empörung, wenn in der Sparte Literatur, die ja ohnehin oft stiefmütterlich behandelt wird, gespart wurde. Die Autorinnen und Autoren haben, ohne es vielleicht zu wissen, eine ihrer größten Anwältinnen in der Funktion der Geschäftsführerin des Sächsischen Literaturrats verloren.
Andreas Heidtmann, Autor und Lektor